Sextortion nimmt zu – auch in Belgien. Das Zentrum für vermisste und sexuell ausgebeutete Kinder „Child Focus“ hat im letzten Jahr wesentlich mehr Anrufe von Menschen verzeichnet, die Opfer von Sextortion geworden sind und Hilfe suchten. Auch in der DG sind im vergangenen Jahr mehrere Fälle bei der Lokalen Polizei gemeldet geworden. Und die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher.
Worum geht es?
Der Begriff „Sextortion“ setzt sich aus „Sex“ und “extortion“ (englisch für „Erpressung“) zusammen. Es fängt meist harmlos an: Internetnutzer oder –nutzerinnen kommen mit Chatpartnern ins Gespräch. Diese sind in der Regel sehr attraktiv. Sie beginnen zu flirten und versuchen dann, die Unterhaltung auf Skype oder WhatsApp fortzusetzen. Sie geben vor, ein sexuelles Interesse an ihren Chatpartnern zu haben. Man lernt sich ein wenig besser kennen – und irgendwann fordern sie ihren Chatpartner auf, nackt oder leicht bekleidet zu posieren und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen. Sie selbst versprechen, das gleiche zu tun.
Doch statt dessen bricht der Chat beziehungsweise der Kontakt ab. Kurze Zeit später drohen die Chatpartner dann damit, die Bilder öffentlich ins Netz zu stellen oder an Freunde oder Bekannte des Opfers zu verschicken. Gegen die Zahlung einer gewissen Summe versprechen sie, das nicht zu tun.
Die Opfer haben es hier mit mehr oder weniger professionellen Erpressern zu tun. Natürlich sehen sie nicht so aus wie auf den Bildern im Chat, sondern haben auch ihr Profilbild im Internet geklaut. Und natürlich chatten sie nicht unter ihrem richtigen Namen. Deshalb sind sie schwer aufzufinden. Manchmal werden Opfer sogar erpresst, ob wohl sie sich nicht vor der Webcam ausgezogen haben. Dann werden Aufnahmen des Opfers mit Nacktbildern aus anderen Quellen geschickt zusammengeschnitten.
Bei welchen Anzeichen sollte ich aufmerksam werden?
- Die gefälschten Konten der Erpresser sind meist mit Bildern von besonders hübschen und jungen Menschen versehen. Darüber hinaus gibt es aber wenig Informationen zu der Person.
- Ein weiterer Hinweis: Die Chatpartner sind vor allem in Gruppen aktiv, bei denen es um Flirten, Partnersuche, Erotik und Dating geht.
- Vorsicht ist geboten, wenn sich wildfremde Menschen melden, zu denen man keinerlei Beziehung hat.
- Der Austausch beginnt meist in sozialen Netzwerken. Der Gesprächspartner will dann aber schnell auf Skype oder WhatsApp wechseln.
- Er oder sie flirtet und kommt schnell „zur Sache“, beginnt, sich auszuziehen und fordert von seinem Gegenüber das Gleiche. Geht man darauf ein, drängt der Erpresser auf „mehr“: Das Opfer soll sich ganz entkleiden und sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen. Ist das der Fall, sollte man am besten den Kontakt sofort abbrechen.
Was kann ich tun, wenn ich erpresst werde?
- Auf keinen Fall bezahlen! Die Erpressung geht sonst ziemlich sicher weiter.
- Den Kontakt mit dem Erpresser abbrechen und ihn blockieren.
- Auf keinen Fall die Aufnahmen oder Facebook-Unterhaltungen löschen, auch wenn es einem peinlich ist! Statt dessen Beweise sammeln, zum Beispiel den Bildschirm abfotografieren (Screenshots), Mails und Chatprotokolle speichern, die Bankangaben des Erpressers speichern.
- Im Internet nach Aufnahmen (Bildern, Filmen) von mir suchen. Wenn ich etwas finde, kann ich von den Betreibern der Seiten verlangen, dass sie die Bilder löschen.
- Bei der Polizei Anzeige erstatten. Es handelt sich um ein Verbrechen!
- Wer sich nicht allein zur Polizei traut, kann sich an die Hotline von Child Focus wenden, unter der Nummer 116 000. Child Focus hilft Opfern, auch bei Erpressungen über das Internet.
Kann ich vorbeugen?
- Weil das Internet nichts vergisst, sollte jeder Nutzer immer aufmerksam sein und nicht unbedacht Dinge sagen, zeigen oder schreiben, die er nachher vielleicht bedauern muss – frei nach dem Motto „Denk nach, bevor du etwas postest“!
- Vor unbedachten Aufnahmen über die Webcam des Computers schützt es, die Kamera abzukleben. So kann einerseits niemand die Kamera „hacken“ und der Nutzer selbst muss noch einmal bewusst die Abdeckung entfernen, wenn er die Kamera nutzen will. Zum „Safer Internet Day“ bieten das Medienzentrum und die beiden Jugendinfozentren in Zusammenarbeit mit „Child Focus“ kleine Abdeckungen an, mit denen Webcams gegen unbeabsichtigte Bildübertragung geschützt werden können. Darauf ist auch die Nummer der Hotline von Child Focus aufgedruckt, damit man sie gleich zur Hand hat, falls doch etwas passiert ist. Die Abdeckungen sind kostenlos in den drei Einrichtungen erhältlich, solange der Vorrat reicht!
Alle Ratschläge sind in übersichtlicher Form in einem „Entscheidungsbaum“ zusammengefasst, der auf der Internetseite des Medienzentrums kostenlos heruntergeladen werden kann. Das Dokument kann, neben dem Computer aufgehängt, noch einmal daran erinnern: erst nachdenken, dann posten! Mehr Infos auf dgmedien.be
Infos: Gaby Zeimers, Medienzentrum der DG, Decision Tree erstellt von Child Focus, deutsche Fassung Medienzentrum, Fotos BRF