Heute vor 200 Jahren wurde das Lied der Lieder in der Kirche St.Nikolaus in Oberndorf zum ersten Mal aufgeführt. Das 200-jährige Jubiläum wird nun an 13 Stille Nacht Orten in drei Bundesländern Österreichs umfangreich gefeiert. Als es entstanden ist, waren die Not und der Hunger nach den napoleonischen Kriegen und Naturkatastrophen groß.
Mit seinem Gedicht spendete Joseph Mohr Trost. Der spätere Priester galt als engagiert, weltoffen und streitbar und ist in der spannenden Stille Nacht-Geschichte der eigentliche Hauptdarsteller und Star gewesen, obwohl er am wenigstens davon profitiert hat. An einigen seiner Wirkungsstätten in seiner Heimatstadt Salzburg hat Horst Senker sich umgeschaut.
Ein kalter sonniger Dezembertag. Den Mantelkragen hochgeschlagen und mit Schal, Mütze und Handschuhen bin ich unterwegs in Salzburg mit Stadtführerin Inez Reichel-De Hoogh, auf den Spuren von Joseph Mohr, dem Textdichter von „Stille Nacht“. Erste Station ist der Friedhof St. Sebastian in der Linzergasse
Hier hat die Mutter von Joseph Mohr ihr letztes Plätzchen gefunden, also die Anna Schoiberin, die Mutter von vier ledigen Kinder ohne Mann, ohne Männer muss ich in dem Fall sagen, hat sie die Kinder groß gezogen. Das ist natürlich ganz schön schwer gewesen.
Die entbehrungsreiche Kindheit von Joseph Mohr im damaligen Nachtjackenviertel von Salzburg wird spürbar. Anna Schoiberin war arme Strickerin und musste sich wegen ihrer unehelichen Kinder in einem Protokoll verantworten. Die Strafe war hoch. Das war ungefähr ein Viertel Ochse, das war damals sehr viel Geld, sie musste sich dann selbst bei der Kirche anzeigen.
Getauft wurde Joseph Mohr im Salzburger Dom. Im gleichen Becken hat auch Wolfgang Mozart seine Taufe erlebt. Dass aus Annas Sohn Joseph etwas wurde, verdankte sie seinem Paten Franz Wohlmuth, dem letzten Henker der Stadt. Er ermöglichte ihm eine fundierte Ausbildung.Über den Mozartsteg erreichen wir die linke Altstadtseite. Hier ging Joseph Mohr zur Schule und hier studierte er.
Der junge Mohr galt als ein junger aufstrebender Kopf, der etwas zu leisten Lust und Kraft zeigt. Die Sitten vielleicht weniger fest. Das heißt, er war ein Schlingel, galt als gesellig und fleißig, aber eckte auch gerne an. Er hat gerne Musik gespielt, er war in Wirtshäusern, hat Kontakt gehabt mit anderen Menschen.
Mit 23 wurde der musisch begabte Mohr schon zum Priester geweiht. Um diese Zeit schrieb er auch den Text zu „Stille Nacht“. Nach der Erstaufführung in der Nikolauskirche in Oberndorf im Salzburger Land geriet das Lied aber wieder in Vergessenheit. Dass „Stille Nacht“ als Lied der Lieder die Welt eroberte und auch immer an Heiligabend im Dom, wo er getauft wurde, bis heute die Menschen bewegt, hat er nicht mehr erleben dürfen.
Im Dezember 1848 ist Joseph Mohr im Alter von nur 56 Jahren gestorben. Er setzte sich für die Armen ein, sorgte für die Einhaltung der Schulpflicht und legte keinen Wert auf eigenen Besitz. Ein Kollege vom Österreichischen Rundfunk nannte ihn kürzlich den Bob Dylan der Weihnachtsmusik. Sein Lied gibt es inzwischen in über 300 Sprachen.
Infos und Foto: Horst Senker