Es war wieder mal eine der Wochen, von der es hier in Brüssel zu ihrem Auftakt hieß, sie sei entscheidend - aber das kennen wir ja schon - seit 222 Tagen haben wir das schon öfter gehört, am Ende steht dann aber doch die nüchterne Feststellung: Wirklich weitergekommen ist man nicht. Entscheidende Fortschritte auf dem Weg zu einem Durchbruch, zu einem Kompromiss - für eine Staatsreform und eine neue Regierung hat man nicht gemacht.
Das dürfte heute Abend nicht anders sein. Zur Stunde trifft Vermittler Johan Vande Lanotte zusammen mit PS Parteichef Di Rupo die Unterhändler der französischsprachigen Parteien, die bislang an den Verhandlungen zu siebt teilnahmen - Ecolo, cdH und PS. Zuvor hatten Vande Lanotte und der N-VA Vorsitzende De Wever am Nachmittag die Spitzen der flämischen Parteien aus der Siebener-Konstellation, also N-VA, Groen!, CD&V und SP.A zu Sondierungsgesprächen getroffen. Denn die letzten Unterredungen zu dritt - Vande Lanotte, De Wever und Di Rupo hatten diese Woche auch wieder kaum etwas gebracht - nur so viel, dass die Verhandlungen zu siebt jetzt nach Sprachgruppen getrennt geführt werden.
Wirklich ergebnisschwanger dürften diese Konsultationen heute aber wohl kaum zu Ende gehen. Warum auch, könnte sich die Beteiligten sagen - im täglichen Leben der Bürger merkt man doch gar nicht, dass knapp sieben Monate nach den Parlamentswahlen noch immer keine neue Föderalregierung im Amt ist. Zu einem Machtvakuum kommt es auf Grund des bundesstaatlichen Modells Belgien nicht - auf gliedstaatlicher Ebene, in Gemeinschaften und Regionen arbeiten die Regionalregierungen nämlich völlig normal weiter. Bestes Beispiel: Die Regionen beschlossen diese Woche, auch auf Belgiens Straßen ab 2013 eine Maut, eine Straßenbenutzungsgebühr einzuführen. Ja, und schließlich ist die scheidende Regierung von Premier Leterme, wenn auch nur geschäftsführend, ja auch immer noch im Amt. Die will jetzt sogar einen Staatsetat für 2011 entwerfen.
Da kann man sich ruhig noch eine Verhandlungsrunde mit Johan, Elio, Bart und Co. gönnen - auch wenn die ebenfalls ins Leere läuft - Einziger Haken an der Sache- wichtige und eigentlich keinen Aufschub duldende Themen wie die Renten, um nur ein Beispiel heraus zu greifen, also Entscheidungen für die Zukunft, ja die können Leterme und sein Kabinett als Auslaufmodell, nicht mehr treffen. Deshalb müssen die weiter aufgeschoben werden.
Macht doch endlich Schluss mit dem Palaver und baut Belgien zu einem mehr konföderal organsierten Land mit vier gleichberechtigten Teilstaaten um, erklärte uns der Politikwissenschaftler Herman Matthijs diese Woche im Interview. Flandern, die Wallonie, Brüssel und der Deutschsprachige Landesteil - je eine Region - ein Belgien zu Viert - das muss in den Ohren der Politiker im Eupener Regierungsviertel wie Musik geklungen haben. Die Deutschsprachige Gemeinschaft - die vierte Region im Belgien von Morgen. Gepaart ginge das für Professor Matthijs, der an der VUB hier in Brüssel lehrt, mit einer weitgehenden Übertragung des Einkommenssteueraufkommens in die Teilstaaten.
Die Werkzeuge zum Umbau hin zu diesem konföderalen Modell seien da versicherte Matthijs im BRF Interview: Artikel 35 der Verfassung - der macht es möglich so der Politologe. Dieser Verfassungsartikel erlaube es, eine Liste all jener Befugnisse und Kompetenzen zu erstellen, die noch von der Bundesebene ausgeübt werden - alles was in dieser Liste nicht aufgeführt wird, sei dann Sache der Teilstaaten. Fertig. Er habe durchweg positive Reaktionen auf seinen Vorschlag bekommen erklärte uns Mathhijs. Man darf gespannt sein, was aus der Idee wird.
Unterdessen dreht sich das Karussell der Gespräche immer weiter; mal zu dritt, mal mit den französischsprachigen Parteispitzen mal mit den flämischen - aber immer im Kreis. Doch selbst die N-VA und Bart de Wever haben nicht den Schmiss zu sagen - Schluss aus, es hat keinen Sinn mehr. Auch wenn ich nicht mit auf dem Karussell sitze und meine Runden drehe - mir wird je länger ich mir die derzeitige innenpolitische Situation ansehe langsam schwindlig...