Nach dem großen Erfolg des ersten Albums vor drei Jahren widmet sich die Berliner Band Dota rund um Komponistin und Sängerin Dota Kehr erneut der Berliner Dichterin der Neuen Sachlichkeit, Mascha Kaléko. Und wieder hat Dota eingeladen mitzumachen, und klangvolle Namen haben zugesagt: Dirk von Lowtzow, Gisbert zu Knyphausen, Sarah Lesch, Funny van Dannen, Clueso und einige mehr.
Platz war genug, 23 Gedichte hat Dota Kehr ausgewählt, 23 Mal hat sie Musik dazu erdacht. In der Gemeinschaft gelingt ein Mix aus urbaner Historie und urbaner Gegenwart, zwischen Witz, Weisheit und Melancholie. Man stellt sich vor, Mascha Kaléko hätte alle Mitmusizierenden gerne um sich gehabt, an einem Abend Ende der 1920er Jahre, im Romanischen Café am Breitscheidplatz, sitzend, plaudernd, singend in Berlin.
"Auf nichts ist Verlass, nur auf Wunder", sagt Mascha Kaléko in "Die frühen Jahre", und dieses Bild vermittelt die Kraft, die Kaléko mit ihrer Sprache aus den Widersprüchen des Lebens und ihrer Zeit zu ziehen und bündeln imstande war. Dieses zweite Kaléko-Album von Dota ist noch weiter, noch tiefgehender und noch heiterer geworden als das erste; keine schwere Luft nirgends, die Literaturvertonungen oft umgibt. Und doch ist es große Kunst, wie geschmackssicher die Musik, die Streicher und Bläser-Arrangements geworden sind, wie sie jedem Lied sitzen wie ein aufregendes Kleid, mal fließend elegant, mal extravagant.
Auch die Methoden, die Gastsänger in Szene zu setzen, werden der Güte von Musik und Dichtung gerecht. Oft setzt Dota mit ihrer Stimme nur eine Grundfarbe oder beginnt einen Song, als ob sie einen Bühnenvorhang für den Gast zu Seite zieht. Die Lieder, die Dota Kehr alleine singt, haben eine eigene Klarheit, sind immersive Erzählung.
Die Dichterin Mascha Kaléko ist wie eine Ahnin für Dotas Berliner Leben von heute, ihre frühen Gedichte sind pointierte Alltagsskizzen auf Berlinerisch. Im Geiste eines Joachim Ringelnatz oder Erich Kästner schafft sie innige, manchmal ironische, oft herzblutige Großstadtlyrik in den 1920er- und 30er-Jahren in Berlin. Kaléko ist die Stimme der jungen Menschen, die sich in der Großstadt durchschlagen, ist ebenso verliebt, müde und traurig und ebenso wenig auf den Mund gefallen wie sie.
Kalékos literarischer Erfolg endet jäh, als die Nazis Freiheit, Verstand und Lebensfreude aus den Straßen und Salons vertreiben. Als Jüdin darf sie bald nicht mehr veröffentlichen, verlässt Berlin 1938. In einem ihrer letzten Gedichte "Bleibtreu heißt die Straße" schreibt sie: "Vor 40 Jahren wohnte ich hier [...] Hier war mein Glück zuhause. Und meine Not. Hier kam mein Kind zur Welt. Und musste fort. Hier besuchten mich meine Freunde und die Gestapo". Sie schließt mit der Frage: "Was blieb davon? [...] eine alte Wunde unvernarbt."
Dota und ihre Band haben den Gedichten eine zusätzliche Ebene gegeben und das Kunststück geschafft, dass kein einziges Mal wie Lyrik mit musikalischer Begleitung klingt. Dota hat Mascha Kaléko in unsere Zeit gebracht. Fast klingt es, als wären die Gedichte jetzt geschrieben, in dieser Form.
Außerdem:
- Exzellentes Solodebüt des Fontaines-D.C.-Sängers Grian Chatten
- Bosnisch, sephardisch, gut: "The World and All That It Holds" von Damir Imamovic
- Neuheiten von Alex Nicol, Tofusmell, Riccardo Tesi, Jeremy Dutcher
In dieser Zeit
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota mit Dirk von Lowtzow
Kleingeldprinzessin Records
Wenn einer fortgeht
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota mit Gisbert zu Knyphausen
Kleingeldprinzessin Records
Bob’s Casino
Grian Chatten
Grian Chatten
Partisan Records
Last Time Every Time Forever
Grian Chatten
Grian Chatten
Partisan Records
Younger
Rae Chen
Tofusmell
Hardly Art
Großstadtliebe
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota mit Funny van Dannen
Kleingeldprinzessin Records
Das letzte Mal
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota
Kleingeldprinzessin Records
Sinoc (Last Night)
Damir Imamovic
Damir Imamovic
Smithsonian Folkways
Osmane
Damir Imamovic
Damir Imamovic
Smithsonian Folkways
Citrustango
Riccardo Tesi
Riccardo Tesi
Visage Music
Zeitgemäße Ansprache
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota mit Sarah Lesch
Kleingeldprinzessin Records
Die vielgerühmte Einsamkeit
Dota Kehr, Mascha Kaléko
Dota
Kleingeldprinzessin Records
Fabricated Hedonist
Alex Nicol
Alex Nicol
Alex Nicol / Massive 92
Skicinuwihkuk
Jeremy Dutcher
Jeremy Dutcher
Secret City Records
Affengeil
Thomas Marquardt
Lotti Huber
Navigator
Markus Will