Sein belgischer Vater hat Nick Cave und Birthday Party gehört, seine englische Mutter hat ihm Flötentöne beigebracht - es wirkt zunächst, als hätten seine Eltern vertauschte Rollen übernommen. Doch am Ende macht es die Mischung. "Britisch zu sein ist ein großer Teil von mir, den ich als etwas sehr Bestimmtes empfinde. Sowohl das extrovertierte, überdrehte Britische als auch das bodenständige Flämische sind in mir vertreten", sagt James de Graef, dessen Künstlername Loverman - nicht wenige verdrehen die Augen, wenn sie ihn hören - beinahe unausweichlich war. "Ich habe diesen Namen schon immer in mir getragen. Er ist mir eines Tages aus dem Nichts aufgetaucht, als ich ihm keine Beachtung schenkte. Ich habe mich schon immer von diesem Pseudonym angezogen gefühlt, lange bevor ich daran dachte, den Namen für ein Soloprojekt zu verwenden. Seit nunmehr zwei Jahren finde ich Tag für Tag heraus, was diese Figur für mich bedeutet."
Loverman ist eine große Zäsur im Leben des Songwriters. Sein musikalischer Weg bis dahin war wild, nach Mutters Blockflöte kam die Tuba, mit der er in jeder Blaskapelle spielte und marschierte, die im Hageland, wo er aufgewachsen ist, zu finden war. Nach der Schule ging er für ein Jahr nach Liverpool zur Familie seiner Mutter und ans Institute of Performing Arts. Zurück in Belgien gründete er mit seiner Partnerin Daisy Ray das Elektronik-Duo Partners und spielte in der experimentellen Space-Punk-Band Shht zunächst Bass, später übernahm er den Gesang. Shht waren weitaus origineller und hörenswerter, als der Band-Name vermuten lässt. Ihre Tourneen von Spanien bis Schottland ließen James als Musiker reifen.
Die Pandemie veränderte alles. De Graef zog zurück zu seinen Eltern - Innerlichkeit dominierte, auch bei der Suche nach musikalischem Ausdruck. Er begann, Skizzen über die Liebe, das Loslassen, Illusionen und Desillusionierungen in warme, intime Lieder zu packen und sie in einer Lo-Fi-Ästhetik aufzunehmen. Der Raum spielt bei Loverman eine wichtige Rolle: In Wohnzimmern findet er die für sich ideale Akustik ("weder feucht noch trocken, duldet kein Geschrei") und stellt Mikrofone im ganzen Raum auf. Die Do-it-yourself-Technik bestimmt die Ästhetik auf seinem Debütalbum "Lovesongs" maßgeblich: Das Dunkle, Sonore seines Baritons wird weich, warm und intim aufgefangen. Lovermans Stimme ist nicht weniger als ein Ereignis. Weil sie so überraschend kommt nach seinen Autotune-Eskapaden bei Shht und nach seiner Kinderstimme sowieso, die er als Achtjähriger dem Clownfisch Nemo in der flämischen Synchronisation des Disney-Klassikers gegeben hat. Musikalisch reduziert er sich auf die spät von ihm akzeptierte Gitarre, rüscht sein Kammerspiel aber mit Kompetenzen seiner Familie auf: seine Mutter hat Cello beigetragen, sein Bruder Trompete, seine Schwester Klarinette.
Loverman wandelt mit seinen Liebesliedern im dämonischen Halbdunkel eines rastlos Suchenden und im verklärten Schimmer eines ewigen Romantikers. Sein Songwriting und sein Gesang sind dabei so ergreifend, dass er nicht nur an Nick Cave, Nick Drake, Scott Walker, Jacques Brel, Stuart A. Staples oder Leonard Cohen erinnert - er könnte eines Tages mit ihnen in einem Atemzug genannt werden. Denn "Lovesongs" ist erst der Anfang.
Wer sich über Konzerte und Neuigkeiten von Loverman informieren will, tut das am besten über seinen Instagram-Kanal loverman.95 - unglücklicherweise gibt es mindestens acht Künstler mit gleichem Namen auf der Welt.
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Another Place
(J.deGraef)
Loverman
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Into The Night
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Nothing Ties
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(H.P.Gundersen / L.Ahern)
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L’albatross (feat. Marie Due)
(H.P.Gundersen / C.Baudelaire)
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Border
(S.Mitlid)
Simen Mitlid
Koke Plate
You Left Your Keys on the Floor
(S.Mitlid)
Simen Mitlid
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Pilot Of The Airwaves
(C.Dore)
Charlie Dore
Island Records
Remain [2023 Remaster]
(J.González)
José González
Peacefrog Records
Halloween Parade [2020 Remaster]
(L.Reed)
Lou Reed
Sire
Tinderly
(J.deGraef)
Loverman
PIAS
Differences Aside
(J.deGraef)
Loverman
PIAS
I See you
(A.L.Frøkedal)
Frøkedal
Name Music
Markus Will