Keine anderthalb Jahre ist es her, da flackert aus dem kühlen Norden ein wärmendes Licht auf: "Am Leben so dicht" heißt ein unverkünsteltes Liedermacheralbum, das mit Melancholie und Verständnis auf gelebtes Leben blickt. Ohne Urteil fühlt es den Schmerzen, Brüchen und dem Scheitern nach, die jede Biografie auf die eine oder andere Weise ereilt. Eines seiner Heilmittel: Akzeptanz – annehmen, was ist. Da ist nichts Altkluges, nichts Pseudophilosophisches, aber auch keine Augenzwinkereien, die den Narben des Lebens ausweichen. Und alles passt zusammen: die glaubwürdige, feste, raue Stimme, der das Ohr gerne folgt, und der musikalische Anzug, der wie von Meisterhand auf diese Stimme genäht ist. Die Frage war unausweichlich: Wer ist dieser Jörg Erb, von dem wir nach all den Jahren kaum je gehört haben, während unsere Gemüter Rast vor dem rastlosen Leben suchten und sich Klaus Hoffmann, Hannes Wader, Manfred Maurenbrecher oder dem vielseitigen Wenzel anverneigten?
Ganz aus dem Nichts ist er nicht gekommen. Musik spielte schon früh eine Rolle im Leben des 1960 geborenen Düsseldorfers; mit 23 hatte er seinen ersten Fernsehauftritt. Erst 2006 hat er ein erstes Soloalbum veröffentlicht – "Zwölf", eine musikalische Aufarbeitung der Kriegserlebnisse seines Vaters und die Auswirkungen, die der Naziterror bis in sein eigenes Leben getragen hat. Zunächst ein einzelnes Herzensprojekt, eine Art Therapie. Doch Jörg Erb verschließt sich nicht vor den eigenen Wahrheiten: "Worte, Bilder Töne – ohne ging's nie, höchstens schief. Songs & Lieder sind mir irgendwann zu einer Art innerer Heimat geworden." Dazwischen, so schreibt er, lagen "viele Umzüge und nicht ganz so viele Berufe". Seit 2009 lebt er in Hamburg, sein Leben hat er als Buchhändler, Verlagsfachmann und Berater bestritten.
Seit 2020 setzt sich seine musikalische Ader durch, Lieder sind das Werkzeug, mit dem er Licht in die dunklen Ecken seines Daseins bringt, ohnehin etablieren sich mit zunehmendem Alter andere Prioritäten. Dass Jörg Erb mit einer bestechenden Musikalität gesegnet ist, ist ein Glücksfall, und der setzt sich auf dem neuen Album "In anderem Licht" richtig in Szene. Aus der blauen Melancholie mit wärmendem Schal von vor zwei Jahren ist ein liebevolles, helles Sentiment voller Wärme, Kraft und Bejahung geworden. Jörg Erb weiß das Leben anzunehmen und klingt dabei, als könnte er auch uns beibringen, wie das gelingt. Allein dieser Gedanke spendet Trost und eine Ahnung von Glück. Mindestens 38 Minuten lang.
Außerdem in dieser Sendung:
- Vaya Con Dios: "Shades of Joy" – weiter, weiter, solange es Freude macht
- The Joni Project: "Shades of Blue" in Eupen – alle Infos hier
- Iron & Wine: "Who Can See Forever Soundtrack" – Musik zum kommenden Film (Uraufführung am 5. Dezember 2023 in New York)
- Klaus Hoffmann: "Flügel" – der ewige Traum vom Freisein
- Hotel Rimini: "Allein unter Möbeln" – Liedermacher-Sextett der ungewöhnlichen Art
- Kids With Buns: "Out of Place" – queere Indie-Chansons aus Belgien
Always Something Missing
(T.Plas / F.Garny / D.Klein)
Vaya Con Dios
CNR Records
Leaving Home
(T.Plas / D.Klein)
Vaya Con Dios
CNR Records
Una Mujer
(T.Plas / F.Garny / D.Klein)
Vaya Con Dios
CNR Records
Glad Man Singing (Live)
(S.Beam)
Iron & Wine
Sub Pop Records
Dearest Forsaken (Live)
(S.Beam)
Iron & Wine
Sub Pop Records
Carey
(J.Mitchell)
The Joni Project
BluHouseMusic
Der Weg
(J.Erb-Dosch)
Jörg Erb
Rondo
Eins nach dem Anderen
(J.Erb-Dosch)
Jörg Erb
Rondo
Nur wir beide
(J.Erb-Dosch)
Jörg Erb
Rondo
Neuer Morgen
(K.Hoffmann)
Klaus Hoffmann
stille-music
Du und ich
(K.Hoffmann)
Klaus Hoffmann
stille-music
Was dir dein Herz erzählt
(K.Hoffmann)
Klaus Hoffmann
stille-music
Gefallen
(J.Forster / P.Pötsch / A.Enderle / J.Dinkelacker / V.Link / P.Schieferecke)
Hotel Rimini
K&F
Words
(M.VanUytvanck / A.Piddington)
Kids With Buns
V2 Records
Reprise
(E.Sprague)
Florist
Double Double Whammy
Markus Will