Arthur Teboul, der Sänger der Rockgruppe Feu! Chatterton, und Baptiste Trotignon, der weltbekannte Jazzpianist, teilen eine Liebe miteinander: französische Chansons. Und diese Liebe wollten die musikalisch disparaten Künstler gemeinsam vor Publikum feiern. Von Serge Gainsbourg bis Jacques Higelin, von Barbara bis Henri Salvador, über Jacques Brel, Georges Brassens und Brigitte Fontaine wurden sie zu Botschaftern eines Repertoires, das sich als sehr viel persönlicher erwies als zunächst vermutet. Arthurs Stimme und Baptistes Klavierspiel vermischen sich frei miteinander, ohne Furcht, zerbrechlich zu wirken.
An jenen Konzertabenden im Dezember haben die beiden Künstler dem Publikum eine Blase der Poesie geschaffen. Geleitet von der Écriture automatique, einer kreativen Methode, bei der Bilder, Gefühle und Ausdrücke möglichst unzensiert und ohne Eingreifen des kritischen Ichs wiedergegeben werden, hat das Duo der Improvisation einen ganz besonderen Platz eingeräumt. Die zwei Abende wurden zu einer außergewöhnlichen Begegnung und zu einer Feier großer Texte in französischer Sprache - einschließlich der beiden englischen Lieder von John Lennon und Radiohead, auch sie bekamen französische Textgewänder.
Natürlich hat das Repertoire tiefe Spuren in den Biografien von Teboul und Tortignon. Beispiel "Göttingen": eine von der Sängerin Barbara geliebte Stadt, ist das Herz einer pazifistischen Hymne und ein Symbol für die deutsch-französische Freundschaft. Arthur Teboul hat dieses Lied seit seiner frühesten Kindheit verinnerlicht. "Heute trauere ich mit [Barbara] um diese menschliche Tragödie, die einen traurig-aktuellen Nachhall hat. Und ich habe denselben Wunsch: Dass die Zeit des Bluts und des Hasses nie wiederkehren möge", gesteht Arthur Teboul, der "Titi parisien", geboren 1987, ein starker Charakter, dessen Stimme der Hörer leidenschaftlich folgt, wohin sie auch führt - begleitet vom Jazzpianisten Baptiste Trotignon, der dreizehn Jahre älter ist als er, mit Größen wie Dré Pallemaerts, Albert Mangelsdorff, Joe Lovano oder Trompeter Avishai Cohen gespielt hat und: Melodien liebt. Gemeinsam verwischt das unwahrscheinliche Duo die Spuren und Grenzen zwischen ihren Genres.
Die Liebe zum Wort, das Wort in einen Dialog mit Klavier und Stimme umzusetzen, das ist das Programm von Baptiste Trotignon und Arthur Teboul, indem sie die Linien und Noten jedes Titels neu entwerfen und doch auf erstaunliche Weise ihre ganze Poesie und Sanftheit erhalten. Vor allem für Teboul war es eine Herausforderung; "Baptiste kommt aus einer Welt, dem Jazz, in der das Prinzip, Standards zu übernehmen, die Basis des Ausdrucks ist. Während in meiner Welt des Chansons schnell kanonisiert wird, ob es nun die Künstler und ihre Interpretationen oder die Versionen der Lieder sind. Im Jazz kann man zehn tolle Versionen eines Liedes finden. Ich meinerseits werde seit 20 Jahren von Barbaras Version von "Göttingen" bewohnt." Legitimerweise erklärt auch Trotignon die Herausforderung seiner Rolle. "Improvisation kann man nicht improvisieren. Es sind Tausende von Arbeitsstunden, um eine Sprache zu lernen und zu wissen, wie man mit Harmonien oder rhythmischen Strukturen umgeht - und irgendwann wieder auf den Füßen landet."
In den kommenden Monaten machen sie mit "Piano Voix" an besonderen Orten Station. Ihr Auftritt auf dem Brüsseler Festival des Libertés am 13. Oktober ist ausverkauft. Aktuelle Termine stehen auf der Seite der Konzertagentur.
"Piano Voix" von Arthur Teboul und Baptiste Trotignon ist am 30. August bei Archipel 29 (Tôt ou tard) erschienen.
Weitere Alben in der Sendung
- The Heavy Heavy: One of a Kind (ATO)
- Wayne Graham: Bastion (Hickman Holler)
- MJ Lenderman: Manning Fireworks (Anti-)
- Luke Winslow-King: Flash-A-Magic (Bloodshot)
+ Neuheiten von Jan Salander und Mira Lu Kovacs.
Markus Will