Nach dem Fiasko dauert es zwei Jahre, bis Tom Fleming wieder künstlerisch denken kann. Er spinnt die Idee einer herbstlichen, suchenden und erhebenden Platte, die durch die Herkunft seiner Musiker von traditioneller Musik, Klassik und Noise Rock geprägt ist. Eine abenteuerliche Mischung.
"Endless Rain" klingt ehrgeizig, breit gefächert und ganz anders als seine früheren Sachen – nur nicht thematisch, da dreht er weiter, was er schon als einer der beiden Sänger der Indie-Rock-Band Wild Beasts in die Welt getragen hat. Tom Fleming ist ein Singer-Songwriter, der neue, andere Klarheiten sucht und jetzt auch findet, indem er die entscheidenden Fragen über das Mannsein und das Erwachsenwerden stellt. "Akzeptanz, Angst, Älterwerden", nennt Fleming als Themen von "Endless Rain", "Erinnerung und Kleinstadtleben, und dass der Apfel nicht wirklich weit vom Stamm fällt, egal was man tut."
Damit knüpft er an sein Debüt "One True Pairing" an, eine trotzige Meditation über Klassenfrust und Selbstverzweiflung. Auch das neue Album sei "eine sehr einsame Platte", die aber durch die menschliche Verbundenheit der Musiker überraschend positiv und gemeinschaftlich wird. "Ich hasse es, das zu sagen, aber es ist meine erste reife Platte, die erste Platte, die ich als Mann mache."
Und mit ihr ist der Synthie-Sound Vergangenheit. Das Album ist südlich von Dublin mit irischen Musikern entstanden, die der Klassik und der traditionellen Musik nahe stehen. "Alle Rhythmen knarren und öffnen sich und die Akkorde gleiten", erklärt Fleming, "alle Voicings sind falsch. Meine Stimme ist nicht perfekt, und diese Art von Lebendigkeit einzufangen, ist wirklich wichtig für die Platte." Was Fleming gesucht hat, war etwas "Organisches, Lebendiges, Bewegendes, Ungewisses, Unfertiges, sogar Schmutziges". Er arbeitet mit den Streicher-Arrangeuren Kate Ellis und Caitlin Gillmore zusammen, um etwas Winterliches, Strenges und auffallend Schönes zu schaffen.
Einen Herbst später hören wir einem Album zu, das von einem Mann erzählt, der größere Fragen über das Leben, das Älterwerden und den männlichen Schmerz stellt; der aber auch positive und bejahende Schlüsse zieht, wie in "Human Frailty", einem zärtlichen Lied der Selbstakkzeptanz. "Man verliert ein wenig, nicht die Hoffnung, aber den blinden Optimismus der Jugend: Ich gewöhne mich besser daran."
"Endless Rain" von One True Pairing ist am 25. Oktober 2024 auf Domino Recording erschienen.
Weitere Alben in der Sendung:
- Amythyst Kiah: Still +Bright (Rounder)
- Lone Justice: Viva Lone Justice (AFAR)
- Chuck Prophet with ¿Quiensave?: Wake the Dead (Yep Roc)
Außerdem Neuheiten von Miriiam, Sean Koch, Trust Fund, Eliën, Denison Witmer, Derya Yildirim & Grup Simsek, Maya Delilah.
Markus Will
