Florian Paul (29) ist ein sympathischer Typ. Mit seinen mittellangen Locken und der dunklen runden Brille entspricht er dem Bild des künstlerischen Schöngeists und weiß sporadisch auftretenden Weltschmerz geschmackvoll zu kaschieren. Auch musikalisch: Der Komponist ist mit seinem Nebenprojekt Kapelle der letzten Hoffnung in die erste Reihe getreten. Seine beiden Alben "Dazwischen" (2019) und "Auf Sand gebaut" (2022) wurden mit höchsten Tönen von Presse und Publikum beehrt.
"Alles wird gut besser", das neue Album dieses Quintetts der mal konzilianten, mal aufbegehrenden Melancholie, setzt auf beeindruckende Weise eine Entwicklung fort, die sie zu einer Identifikationsgruppe für emotional krisengeschüttelte Feingeister im deutschsprachigen Raum macht. Wer beim Hören eines Songs wie "Vor deinem Fenster" keinen Kloß im Hals bekommt, hat noch nicht geliebt und gelebt.
Die neue Platte löst den von der Corona-Pandemie geprägten Vorgänger ab – ein Abschied vom kulturellen wie privaten Tief jener Jahre. Zugleich setzt sie die Euphorie von Titeln wie "Bella Maria" fort, mit denen die Band auf Streaming-Plattformen und in namhaften Konzerthäusern für Begeisterung gesorgt hat. "Ich würde mal sagen, dass bei uns jetzt Aufbruchsstimmung herrscht", sagt Florian Paul dazu. Hörbar wird sie vor allem zwischen den Zeilen, denn seinem erzählenden Stil bleiben er und seine Band-Kollegen treu, die wie er überwiegend studierte Filmmusikkomponisten sind.
Die dunkelblau getönten nachdenklichen Bilder aus schmerzenden Stunden bestimmen weiter das musikalische Bühnenbild – die Melancholie zerbrochener und zerbrechender Beziehungen bleibt. "Für mich ist das aber auch ein unglaublich schönes Gefühl und hat nichts mit Verzweiflung oder Trauer zu tun", betont Florian Paul. Sondern mit Erinnerung an vergangene Zeiten und dem Traum von einem glücklicheren Morgen. Und der ist bei "Alles wird gut besser" das zentrale Motiv.
Florian Pauls Kapelle der letzten Hoffnung schöpft aus der eigenen Prophezeiung Energie für eine positive Entwicklung, die sich nicht mehr nur in zupackend grollenden Herzschmerzliedern, sondern zu einem guten Drittel in lateinamerikanischer Verve. Die Kapelle läutet zum Tanz – wenn auch direkt neben dem Friedhof all jener Hoffnungen, die längst begraben sind.
"Alles wird gut besser" von Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung ist am 1. November 2024 auf Blaue Katze Records erschienen.
Die Band spielt am 13. November im Kölner Artheater.
Weitere Alben in der Sendung:
- Deer Anna: Sit And Rest (DanCan Music)
- Trust Fund: Has It Been A While? (Tapete)
- Aron Dahl: Moth/Flame (Abstract Tits)
- Guy Davis: Sugarbelly (M.C. Records)
- BabelNova Orchestra: Magma (Maladisco)
- Jaune Toujours: Vertigo (Choux de Bruxelles)
- Jake Blount & Mali Obomsawin: Symbiont (Smithsonian Folkways)
Markus Will