Mit "Mis O’ The Mountains" legt Jessie Monk ihr zweites Album vor - ein experimentelles Konzeptwerk, das sich mit Trauer, Mythologie und Selbstwerdung befasst. Die australische Musikerin, die zwischen Berlin und Naarm (Melbourne) pendelt, verarbeitet darin den Tod ihres Vaters - und zieht eine alte Legende heran, um sich durch diesen Verlust zu schreiben.
Inspiriert ist das Album von der keltischen Göttin Mis (gesprochen: Misch), einer mythischen Figur, die nach dem Verlust ihres Vaters den Verstand verliert, sich in ein wildes Wesen verwandelt und in die Unterwelt hinabsteigt. Monk findet in dieser Legende eine Spiegelung ihres eigenen Trauerprozesses – und ein Vehikel, um Schmerz, Transformation und Hoffnung in Klang zu übersetzen. Sie folgt Mis’ Weg – nicht nur im Text, sondern in jeder musikalischen Entscheidung: Tonhöhen kippen ab, Rhythmen brechen aus, Strukturen lösen sich auf. „Ich musste diese Dunkelheit fühlen“, sagt sie selbst. „Das Album hat mir geholfen, der Welt zu vergeben.“
Musikalisch verbindet Jessie Monk Folkinstrumente wie Geige, Flöte oder Kontrabass mit avantgardistisch offenen Strukturen und ungewöhnlicher Dynamik. Sie wiederholt Worte wie Beschwörungen, lässt Takte schroff stolpern, verzichtet auf klare Auflösungen. Die Stücke bewegen sich zwischen dunklen Klang-Girlanden, tranceartigen Rhythmen und zarten Momenten der Einkehr. Besonders eindrucksvoll: "Metamorphosising", ein Stück, das das Wort "Metamorphose" wie ein Mantra wiederholt, während sich die Musik langsam senkt - ein hörbarer Abstieg in die Tiefe. "Drop Each Leaf" besteht fast nur aus Stimme, Gitarre und einer Stille, die nicht leer bleibt.
"Mis O’ The Mountains" ist kein leicht zugängliches Album - und doch bietet es immer wieder Lichtungen harmonischer Vertrautheit und Wärme, die unwiderstehlich dazu einladen, sich näher heranzutrauen. Wer sich traut, wird belohnt. Denn Jessie Monk macht diese Musik nicht für den Effekt, sondern für das Gefühl: Sie lässt spüren, wie sich etwas verändert.
"Mis O’ The Mountain" von Jessie Monk ist am 14. Mai auf Popup Records erschienen.
Außerdem in der Sendung
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Markus Will
