S.G. Goodman schreibt Songs wie Glutnester: Sie sind politisch aufgeheizt, bleiben auf dem Boden ihrer Heimat Kentucky und verweigern sich der Vereinnahmung durch Nashville. Auch auf ihrem dritten Album, "Planting by the Signs", bleibt Goodman eine Künstlerin, die das ländliche Amerika nicht verklärt, sondern durchdringt - voller Ambivalenz, aber nie ohne Zärtlichkeit.
Goodman, die 2020 auf dem Label Verve Forecast debütierte, zeigt diesmal mehr persönliche Brüche. Songs wie "Michael Told Me" oder "Solitaire" erzählen von Beziehung, Verlassenwerden und der Schwierigkeit, die eigene Rolle darin zu verstehen - ohne je ins Private zu kippen. Nicht nur hatte Goodman ihren geliebten Hund Howard verloren, sondern auch ihren langjährigen Mentor Harmon, eine Vaterfigur und ein Fels in der Brandung für sie und ihre Band. Die Lieder bleiben politisch im Ton, sind aber nicht mehr nur Anklage gegen Bigotterie und Gier, sondern auch persönliche Selbstbefragung.
So auch im Titelstück "Planting by the Signs", das Goodman gemeinsam mit Matthew Rowan geschrieben hat - ihrem langjährigen Mitmusiker, Gitarristen und Co-Autor, der sich zwischenzeitlich von ihr und ihrem aufzehrenden Tourleben abgewandt hatte. Der Song verdichtet, was das ganze Album durchzieht: die Suche nach einem richtigen Zeitpunkt, nach Sinn in Kreisläufen und Zeichen, die niemand mehr lesen kann - orientiert am Konzept des "Pflanzens nach den Zeichen", von dem sie in ihrer Kindheit gehört hatte und das sie beim Lesen eines Bandes von "Foxfire" wiederentdeckt hatte, einer Anthologie, die seit 1966 das Leben und die Geschichte der südlichen Appalachen bewahrt. Sie erinnerte sich an Regeln, nach denen das Anlegen eines Gartens, das Abstillen eines Babys oder das Haareschneiden am besten im Einklang mit dem Mondzyklus erfolgen sollten. "Planting by the Signs" ist damit nicht einfach Albumtitel, sondern ein emotionaler Bezugspunkt: Ein Abschied, ein Versuch des Verstehens, eine kollektive Arbeit am Danach.
"Satellite" eröffnet das Album fast beiläufig, mit einer weichen Stimme und der Hoffnung auf ein Zeichen. "Nature’s Child", ein überraschendes Duett mit Bonnie "Prince"cBilly, gehört in seiner zärtlichen Unaufgeregtheit zu den stärksten Momenten des Albums. Und dann: "Heat Lightning" - ein vielstimmiges Porträt innerer Erschütterung, das Goodman gemeinsam mit Clyde Charles, Mary Overbey und Myrtle Turner eingesungen hat. "Planting by the Signs" ist ein poetisches und tief berührendes Album. Es spricht in Naturbildern, ohne zu romantisieren. Es benennt Schmerz, ohne sich ihm zu ergeben. Und es findet Worte für manches, was in ländlichen Gegenden oft ungesagt bleibt.
"Planting by the Signs" von S.G. Goodman ist am 20. Juni auf Slough Water Records erschienen.
Außerdem in dieser Sendung
- Willi Carlisle: Vaudeville-hafte Bariton-Roots für Träumer, Spinner, Außenseiter und einen Esel ("Winged Victory", Signature Sounds)
- J.D. Crowe & The New South: Ein Bluegrass-Meilenstein hat die Musikgeschichte verändert - und wird 50 ("J.D. Crowe & The New South" / „0044“, Rounder Records)
- Flatt & Scruggs: Frühes Genre-Manifest aus dem Jahr 1957 ("Foggy Mountain Jamboree", Columbia)
- William Beckmann: Südtstaaten-Vibe nach Roy-Orbison- und Chris-Isaak-Art ("Whiskey Lies & Alibis", Warner Music Nashville)
- Neuheiten von Moira Smiley, Marla Moya, Black Sea Dahu, Karwendel und Mon Rovîa
Maaru Will