Museumsführerin Sarah Zollmarsch aus Köln, die sich in Flandern niedergelassen hat und u.a. im MuZee in Ostende arbeitet, präsentiert die drei aktuellen Ausstellungen: "Träume aus Perlmutt" mit Werken von James Ensor, "Raoul Servais" über das Lebenswerk des Filmregisseurs aus Ostende und "Tornado" von Pascale Marthine Tayou. Es ist der Gedankensturm eines Weltbürgers aus Kamerun, der seit 20 Jahren in Belgien lebt und arbeitet.
Die Themen von Pascale Marthine Tayou, Jahrgang 1966, sind unverändert: Individuum und Gesellschaft, Tradition und Fortschritt, Heimat und Migration. Seine Kunst ist nie plakativ. Immer geht es um feine Unterschiede. Erinnerungen an die Kolonialzeit spielen in seinem Oeuvre genauso eine Rolle wie neue Tendenzen in der Kunstwelt wie Fake und Photoshop.
Seine Arbeitsmethode zielt auf eine maximale Beteiligung der Personen in seinem Umfeld ab. Das Ziel ist nicht das perfekte Kunstwerk, sondern der Entstehungsprozess einer Idee oder eines Konzeptes. Das Plakat zur Ausstellung von Pascale Marthine Tayou in Ostende zeigt den Künstler als Tänzer im Kleid seiner Mutter. "Me as my Mama" heißt die Arbeit. Meine drei Frauen, sagt Tayou, meine Mutter, meine Frau und meine Tochter, das sind meine Musen.
Das MuZee, das Kunstmuseum am Meer in Ostende, feiert sein zehnjähriges Bestehen. Zumindest in der neuen Form. Davor hieß das Haus Provinzialmuseum für moderne Kunst. Sein langjähriger Leiter war Willy Vandenbussche, der auch die Triennale "Beaufort" an der Künste Anfang der 1990er Jahre aus der Taufe gehoben hat.
Das MuZee hat im vergangenen Jahr einem berühmten Sohn der Stadt eine permanente Ausstellung in einem Flügel des ersten Stockwerkes eingerichtet. An Platz hat es ja in diesem ehemaligen Kaufhaus in der Romestraat noch nie gemangelt. Der Museumsflügel ist dem Ostender Filmregisseur Raoul Servais gewidmet, der im vergangenen Jahr seinen 90. Geburtstag gefeiert hat.
Der Clou der Servais-Ausstellung ist die erste Kamera des Trickfilmers. Die Ausstellung zeigt allerdings auch, was für ein hervorragender Zeichner Raoul Servais war und ist. Am Ende wartet ein kleiner Kinosaal, der im Loop sämtliche Filme von Raoul Servais zeigt, vom Erstling "Hafenlichter" 1960 bis hin zu "Panzer", der auf dem Filmfestival von Gent 2014 Premiere hatte. Doch diese Anklage gegen den Krieg wird nicht der letzte Film von Raoul Servais bleiben. Für 2019 ist die Veröffentlichung von "Der lange Kerl" geplant.
Noch berühmter als der Filmemacher Raoul Servais sind natürlich die beiden Maler aus Ostende, James Ensor und Léon Spilliaert. Die aktuelle Ensor-Ausstellung "Träume aus Perlmutt" ist bis zum 1. März 2020 verlängert worden, sehr zur Freude der Touristen. Gezeigt wird die Ensor-Sammlung des Museums der Schönen Künsten von Antwerpen, die mit 38 Gemälden und 650 Zeichnungen die größte Sammlung von Werken des Ostender Malers ist.
James Ensor als genialer Maler und weniger als ewiger Rebell und Provokateur soll bei dieser Ausstellung herausgestellt werden. Bei der Suche nach den richtigen Farben soll Perlmutt die entscheidende Rolle gespielt haben. Der Rundgang durch die Ensor-Ausstellung "Träume aus Perlmutt" endet mit Informationen zum Forschungsprojekt des Königlichen Museums Antwerpen, das seit 2013 läuft. Mitarbeiter des MuZee in Ostende sind inzwischen Teil des Projekts, das schon einige interessante Details aufgedeckt hat.
Werner Barth