Die Bezeichnung "Free" verwundert bei den Gemälden von Zurstrassen genauso wie bei der Musik des Amerikaners Ornette Coleman, der in den 1960er Jahren eine LP mit dem "Free Jazz" veröffentlichte und in der Folge unfreiwilig als Vater des freien Jazz in die Geschichte einging. Doch so frei und wild wie der späte Coltrane war Coleman nicht. Der Texaner war immer auf Struktur bedacht. Und das ist auch Zurstrassen.
Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus den letzten zehn Jahren. Der Anfang dieser Serie war 2009 im Eupener Ikob zu sehen. Zurstrassen malt in mehreren Schichten und dekonstruiert die Farbflächen mit Collagen. Die Farbenvielfalt trägt zur Komplexität der abstrakten Bilder bei, verleiht ihnen aber auch einen stark dekorativen Charakter. Die Saxophon-Attacken des Free Jazz von Albert Ayler und Peter Brötzmann findet man in den Werken von Yves Zurstrassen nicht zurück. Mit ruhiger Hand schafft der Künstler ein Formen-Chaos, das auf den zweiten Blick keines ist.
Zurstrassen bedient sich aus der Kunstgeschichte, ohne allerdings Zitate zu verwenden. Als Postmoderner sieht er sich nicht. Repetitive Muster, vor allem bei den Rasterbildern, sorgen für eine geordnete Welt von Einfällen und Zufällen, die der Künstler in einem Riesenarchiv digital aufbewahrt und auf das er regelmäßig zurückgreift.
Die Ausstellung "Free" von Yves Zurstrassen läuft im Bozar bis zum 12. Januar. Am 26. November gibt die französische Kontrabassistin Joëlle Léandre ein Solo-Konzert in der Ausstellung. Der Katalog ist im Verlag des Mercator Fonds erschienen.
Außerdem in Forum:
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- Ein Schulprojekt zur Spurensuche von zwei jüdischen Familien in Brüssel und Nürnberg
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Werner Barth