Seine Themen sind Erinnerung, Traum und Schlaf. Er arbeitet mit Licht, Zeit und Wasser. Für das Werk "Drinking Europe" mischt er Mineralwasser aus allen 27 EU-Staaten in einem Glas, das neben seinem Bett steht. Doch er ist kein Konzeptkünstler, denn es geht Boutros um die sinnliche Erfahrung. Daneben hängt eine Skulptur aus Musikkassetten seiner Jugend, die er mit Wachs übergossen hat. Nur der Künstler kennt ab jetzt die Lieder, da keiner die Kassetten noch abhören kann.
Charbel Boutros, Jahrgang 1981, wuchs im Libanon auf, wo zwischen 1975 und 1990 Bürgerkrieg herrschte. Er ist kein politischer Künstler, doch die Politik schwingt in seinem Werk mit. So zeigt er in der Genter Ausstellung mit dem Titel "The Sun is My Only Ally" drei Hemden, in denen sein Großvater, sein Vater und er selbst geschwitzt haben. Vor, während und nach dem Bürgerkrieg.
Seine letzte Ausstellung in Beirut im Oktober 2019 wurde nur ein Tag nach der Vernissage wieder geschlossen. Aus Solidarität mit den politischen Protesten, die am gleichen Abend begannen und bis heute fortdauern. Diese Ausstellung im Beirut Art Center mit dem Titel "The Distance between Your Eyes and the Sun" hat Boutros für die Schau in Gent rekonstruiert. Aber nicht im Maßstab 1:1. Weil der Künstler mit jeder neuen Ausstellung seine Werke weiter entwickelt, sie im Kontext des jeweiligen Standortes neu aufladen möchte.
SMAK-Direktor Philippe Van Cauteren verrät im BRF-Interview, wie er auch persönlich an dieser Ausstellung beteiligt ist. Charbel Boutros thematisiert in seinen Ausstellungen auch immer den institutionellen Kontext oder den Kunstmarkt im Allgemeinen.
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Werner Barth