Wiederholung | 21:20 - 22:20 Uhr
Als José Saramago 1998 den Literaturnobelpreis erhielt, protestierte der Vatikan. Der Skandal um seinen frühen Roman "Das Evangelium nach Jesus Christus" war in Rom noch nicht vergessen. In dem Buch hatte Saramago das Leben Jesu Christi auf höchst eigenwillige Weise erzählt und Gott als machtgeilen Zyniker dargestellt.
Auch der letzte Roman ("Kain") des 2010 gestorbenen Autors greift auf die Bibel zurück. Saramago beruft sich auf die Gewaltszenen und Bluttaten des Alten Testaments, um Gott einen bösartigen Charakter zu bescheinigen.
In dem Roman geht Kain nach seinem Brudermord an Abel auf eine Zeitreise durch das Alte Testament. Ständig wächst Kains Groll gegen Gott, der er für den Tod von Hundertausenden von Menschen verantwortlich macht. Genauso wie er ihm eine Mitschuld am Tod des Bruders Abel gibt. Saramago war zeitlebens ein überzeugter Kommunist und Atheist und konnte deshalb Kains Begegnung mit Gott nach dem Brudermord nicht ohne Ironie niederschreiben.
Juan Rulfo: Pedro Paramo
Der mexikanische Autor Juan Rulfo gilt als Wegbereiter des "Magischen Realismus" und ist vom Kolumbianer Gabriel Garcia Marquez und vom Argentinier Jorge Luis Borges als Vorbild genannt worden.
Rulfos Roman spielt vor dem Sturz der Diktatur von Porfirio Diaz in Mexiko 1911. Es ist die Geschichte eines skrupelosen Großgrundbesitzers, der das Leben und Sterben der Menschen in seiner Region bestimmt. Rulfo sagt: "Mein Roman erzählt von einem Dorf, in dem Tote und Lebende ungehindert durch Zeit und Raum schweifen."
Der Schriftsteller Urs Widmer liest aus dem Roman "Pedro Paramo" seines mexikanischen Kollegen.
Cover: Hoffmann & Campe