Es gibt Kunstwerke, die man nie vergisst. Das Bahngleis von Lois Weinberger zur Documenta X ist ein solches Kunstwerk. Der Österreicher hatte zwischen den Schwellen auf einer Länge von 100 Metern einen Wildwuchs mit Pflanzen und Unkraut aus Süd- und Südosteuropa angelegt, die sozusagen über den Kasseler Bahnhof eingewandert waren und definitiv das Ökosystem verändern bzw. erneuern werden. Ein Foto dieses Werks mit dem Titel "Das über Pflanzen / ist eins mit ihnen realisiert" ziert das Cover einer neuen Monografie über den Künstler, die jetzt im Hatje-Cantz-Verlag erschienen ist.
Philippe van Cauteren, der Direktor des Museums für zeitgenössische Kunst in Gent, hat das Vorwort geschrieben: Auch van Cauteren erinnert sich noch immer an das Bahngleis in Kassel als eine damals - im Jahr 1997 - visionäre Metapher für das Migrationsgeschehen in den westlichen Gesellschaften.
Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist das Thema der künsterischen Arbeit von Lois Weinberger. Allerdings einer Natur in Zeiten der Globalisierung: eine Natur nach der Kultur, eine Natur aus Ruinen, wie es die Leiterin der Documenta X, Catherine David formuliert hat. Weinberger findet sie am Rande der Gesellschaften, auf Brachland und Mülldeponien.
Im Interview mit einer Kunst- aber auch mit einer Naturwissenschaftlern definiert der Künstler seine Vorgehensweise als poetisch und politisch. Ein ehemaliger Kunstkritiker der FAZ sieht ihn in der direkten Folge der Protestbewegung von Mai 68 bis hin zu den heutigen Aktivisten. In einem weiteren Essay wird Weinberger als glücklicher Sisyphus beschrieben.
Es bleibt die Erkenntnis, dass der Österreicher mit seinen unverwechselbaren Interventionen im öffentlich Raum seit nunmehr 20 Jahren zu den meist diskutierten Künstler der internationalen Szene gehört.
Außerdem in Forum:
- Europalia Indien
- Festival Emultation in Lüttich
- Wettbewerb Sonatina für Amateurmusiker der 3 Gemeinschaften
- Hörbuch "Auf Reisen" von Hellmuth Karasek
Cover: Hatje-Cantz-Verlag