Vor 30 Jahren habe ich im Lütticher Théâtre de la Place zum ersten Mal eine Tanzvorstellung von Anne Teresa De Keersmaeker gesehen. "Rosas danst Rosas" hieß das Stück, streng und repetitiv wie die Musik von Thierry de Mey in der Tradition von Steve Reich, der ersten großen musikalischen Liebe von De Keersmaeker. Seitdem hat sie ihre Compagnie Rosas zu Mozart und Bach, zu John Coltrane und Miles Davis tanzen lassen. Doch die starke Verbindung zu Steve Reich ist geblieben. Zu seiner Minimal-Music hat De Keersmaeker regelmäßig zurückgefunden.
So auch 2014 in Paris, als Anne Teresa De Keersmaeker für das Ballett der Nationaloper "Rain" inszeniert hat. Diese Produktion mit dem Ensemble Ictus unter der Leitung von Georges-Eli Octors liegt jetzt als DVD vor, und das Erste, das auffällt, ist die Begeisterung der Tänzerinnen und Tänzer des Balletts der Nationaloper Paris. Noch nie ist bei einem Stück von De Keersmaeker auf der Bühne so viel gelacht worden, noch nie wirkten die Tänzerinnen und Tänzer so befreit - trotz der rigorosen Komposition von Steve Reich. De Keersmaeker verwendet für "Rain" die Komposition "Music For 18 Musicians", die Reich selbst als eine seiner besten bezeichnet. Leider hat die DVD keine Extras, sprich keine Interviews oder Filmmaterial von den Proben anzubieten. Doch vielleicht ist das auch gar nicht nötig.
Der Tanzabend ist magisch, und erst der ernste Auftritt von Anne Teresa De Keersmaeker selbst holt uns am Ende wieder in die Wirklichkeit zurück. De Keersmaeker lächelt im Gegensatz zu ihren Tänzerinnen und Tänzern nicht, als sie nach der Vorstellung auf die Bühne geht und die Ovationen des Publikums entgegen nimmt.
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Werner Barth - Bild: Laurie Dieffembacq (belga)