Mehr als 20 Jahre sind vergangen seit dem Ende der UDSSR, doch den "Homo Sovieticus" gibt es noch immer. Swetlana Alexijewitsch hat das Fußvolk der Zeit von 1991 bis heute befragt. Mit ihrer journalistischen Methode hat ganz nebenbei eine neue literarische Gattung geschaffen.
Im Westen wird noch immer von der Zeit der Perestroika unter Gorbatschow geschwärmt. Im heutigen Russland ist die Sicht differenzierter. Die Gesprächspartner von Alexijewitsch bewegen sich zwischen Hoffnung und Verrat, zwischen Enttäuschung und Rachegefühlen.
Die Autorin hat auch in der ehemaligen sowjetischen Provinz recherchiert. Vor allem hier empfinden heute viele Bürger die Machtübernahme von Gorbatschow und später Jelzin als Revolution gegen das Volk.
"Secondhand-Zeit" befasst sich im zweiten Teil mit den Putin-Jahren. Hier überzeugt die Hörbuchfassung des Romans besonders: 19 Schauspieler bilden den vielstimmigen Chor der Putin-Kritiker, aber auch der Putin-Anhänger: Wird es in Russland noch einmal eine Revolution geben? Was will die Opposition? Wie lange hält sich Putin?
Mit diesen Fragen an ihre Gesprächspartner zum Thema "Leben nach dem Sozialismus" beendet Swetlana Alexijewitsch ihren Roman.
Werner Barth - Bild: Marcus Ericsson (afp)