Die Chilenin Melissa Aldana wohnt in New York City und hat ihr Album "Visions" der mexikanischen Malerin Frida Kahlo gewidmet. Sie spielt Tenorsaxophon und hat 2013 den Thelonious-Monk-Wettbewerb in Washington gewonnen.
Melissa Aldana hat fast ausschließlich Eigenkompositionen im Repertoire. Vibraphonist Joel Ross ist der herausragende Solist in ihrem aktuellen Quintett.
Weniger introvertiert präsentiert sich Jon Batiste auf seiner CD "Anatomy of Angels – Live at the Village Vanguard". Er wagt sich erfolgreich an eine Interpretation von Monks "Round Midnight". Wann hat der legendäre Club in Manhattan zum letzten Mal einen solchen Entertainer programmiert. Jon Batiste hat Ende des Jahres aus dem Mitschnitt seines Auftritts im Village Vanguard eine weitere CD gemacht: "Chronology of A Dream".
Auf eine andere Ikone, nämlich John Coltrane beruft sich Saxophonist James Brandon Lewis in seinem Album "Radiant Imprints". Es ist eine Duo-CD mit Schlagzeuger Chad Taylor und erinnert natürlich an das Coltrane-Album "Interstellar Space" mit Schlagzeuger Rashied Ali.
Vier von sieben Stücken der neuen CD seien direkt von Coltrane beeinflusst, schreibt Lewis in den Linernotes. Schlagzeuger Chad Taylor spielt auf zwei Stücken der Duo-CD das Instrument Mbira, das Lamellophone aus der traditionellen afrikanischen Musik. Im Volksmund "Daumenklavier" genannt.
Die deutsche Saxophonistin Ingrid Laubrock hat 2019 gleich drei neue CDs veröffentlicht. Im Trio mit Stephan Crumb, im Quartett mit Sylvie Courvoisier und im Duo mit Aki Takase. Laubrock ist seit zehn Jahren fester Bestandteil der New Yorker Szene in Manhattan und Brooklyn. Davor war sie lange in London tätig. Im Duo mit japanischen Berlinerin Aki Takase reicht die Spannbreite von Ellington bis Braxton.
Wie Ingrid Laubrock war auch Angelika Niescier schon mal Improviser in Residence des Moers Festival. Auch Niescier zieht es nach Amerika, wo sie ein Trio mit Gerald Cleaver und Chris Tordini gegründet hat. Auf ihrer gemeinsamen CD ist Trompeter Jonathan Finlayson als Gast dabei.
Es folgt das Anne Mette Iversen Quartett, das ich, wie ich zugeben muss, in diese Shootingstars 2019-Sendung reingeschmuggelt habe. Die dänische Kontrabassistin und Komponistin gehört zur Brooklyn Jazz Underground-Bewegung, macht aber regelmäßige Ausflüge in Richtung Klassik oder Hard-Bop.
Ich finde, dass Anne Mette Iversen definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Ihre diesjährige CD mit dem Titel "Invincible Nimbus" beweist, dass die Dänin sich auch die richtigen internationalen Partner aussucht. An der Posaune der Franzose Geoffroy De Masure. Am Altsaxophon die Deutsche Silke Eberhard, selbst eine Kandidation für Shootingstar des Jahres.
Der Bassist von Belgiens ehemaliger Nummer eins der Jazz-Avantgarde, dem Trio Aka Moon, ist im Mainstream angekommen. Michel Hatzigeorgiou begleitet den Sänger David Linx auf dessen neuem Album "The Word Smith". Die meisten Stücke sind Eigenkompositionen des Duos. Mit einer der zwei Ausnahmen verwirklichen beide Musiker aber wahrscheinlich einen Jugendtraum: Die Interpretation des Songs "The Wind cries Mary" von Jimi Hendrix.
Seit Jahren treffen sich die Haudegen Aldo Romano (78), Philippe Catherine (76) und Emmanuel Bex (60) im Pariser Club "Sunset", um Silvester zu feiern. Trotzdem gab es von diesem Trio bislang noch keinen Tonträger. Jetzt hat der Club-Besitzer die Sache selbst in die Hand genommen und die CD "La Belle Vie" veröffentlicht. Es ist zum Glück ein Live-Album, auch wenn kaum Überraschungen zu erwarten sind. Am besten kommt die Hammond-Orgel von Bex noch in den Catherine-Kompositionen zum Ausdruck. Für die Gassenhauer sorgen die Kompositionen von Schlagzeuger Romano.
Werner Barth