Jazztime: Joel Harrison und die Hymne der Einheit

Zu seinem 66. Geburtstag hat sich der in New York lebende Gitarrist sein 25. Album geschenkt. Dabei hat er darauf seine Bühne für die Bläser geräumt.

Joel Harrison (Bild: Scott Friedlander)
Joel Harrison (Bild: Scott Friedlander)

Es ist schon seine dritte Veröffentlichung in diesem Jahr. Die Produktivität von Joel Harrison ist atemberaubend, doch sie hat relativ spät begonnen. Sein Debüt „3 + 3 = 7“ hat er mit 29 Jahren veröffentlicht. Es eröffnete einen Reigen der Vielfalt – eine Vielfalt von Konzepten, Genres und harmonischen und rhythmischen Erfindungen, von denen besonders die dreibändige "Free Country"-Reihe mit ihren Covers und Originalen aus der Country- und Americana-Musik heraussticht.

Hinzu kommen Ausflüge in den Spiritual Jazz, die indische Klassik, freie Improvisation und den Post Bop. 2020 überrascht er auf „America at War“ mit einem Vermittlungsversuch über Militarismus und nationale Identität, in der er Rock, Jazz, Funk und Improvisation miteinander verbindet.

„Anthem of Unity“ reiht sich in diese Geschichte der grenzenlosen Neugier und Programmatik ein und ist zweifelsfrei ein Harrison-Album. Doch es ist kein Gitarrenalbum – erstaunlich für einen Musiker, der als Gründer des jährlichen New Yorker „Alternative Guitar Summit“ der Gitarre ein großes Schaufenster eingerichtet hat. „Anthem of Unity“ ist im Wesentlichen eine Bläsersession, die um Post-Bop, Soul Jazz, Funk, Hard Bop und Blues kreist, gespielt von einem Starquartett rund um Schlagzeuger Jack DeJohnette, mit Greg Tardy an Saxofon und Flöte und Gary Versace an der Hammond B-3.

Abgesehen von zwei Covers – Bob Dylans "The Times They Are A-Changin" als schneller Walzer und Sonny Rollins’ "Doxy" als leicht düsterer Louisiana-Jazz-Funk – sind alle Stücke Eigenkompositionen. Was die acht Stücke verbindet, ist Groove und Gefühl, sie tragen wehenden Windes durch die gut fünfzig Minuten. Für Kenner offenbart sich hinter der ansteckenden Rhythmik ein schwindelerregendes Karussell von Versatzstücken und Andeutungen aus unzähligen Genres und Epochen.

Außerdem:

• Brian Blade & The Fellowship Band: Zurück zur Wärme (“Kings Highway”)

• John Carroll Kirby: Am Puls der Zukunft (“Blowout”)

• Sensationelle Live-Alben aus Newport: Nina Simone (1966) und Joni Mitchell (2022)

• Neuheiten von Gregory Hutchinson, Cautious Clay, Sandra Mae-Lux

Doxy
Sonny Rollins
Joel Harrison
HighNote Records

Survival Instinct
Joel Harrison
Joel Harrison
HighNote Records

Catalysts
Jon Cowherd
Brian Blade & The Fellowship Band
Hill Records and Press

Flying Cat
John Carroll Kirby
John Carroll Kirby
Stones Throw Records

Yesterday’s Price
Cautious Clay
Cautious Clay
Blue Note

New Dawn
Gregory Hutchinson
Gregory Hutchinson feat. Liselotte Östblom
Warner Music

Perfect Weather
Sandra Mae-Lux
Sandra Mae-Lux
Sandra Mae-Lux

You’ve Got To Learn
Charles Aznavour
Nina Simone
Verve

Summertime
George Gershwin
Joni Mitchell
Rhino

Mareld 2021
Matthias Uneback
Ìxtahuele
Subliminal Sounds Records

Living In The Past
Jakob Hegner, Rober Wienröder, Anna Hauss, Raphael Seidel
Still In The Woods
Still In The Woods

Maaru Will