Psychedelisch bunt, wie das Cover, unterspült, umfließt und durchdringt die Musik von Janek van Laak ihre Hörer. Und just wenn man denkt, das Konzept verstanden zu haben – Dub, Elektronik, Trip-Hop und echofernes Toasting formen ein federndes Marshmellow-Klanggebilde? – ziehen Jazzlinien vorbei, die alle Form auflösen und neu bestimmen.
"Circle of Madness", das Debüt des 28-jährigen Künstlers, ist ein intuitiver Flow of Consciousness, in dem vor allem afrofuturistische Reflektionen eines Sun Ra Widerhall finden. Allerdings besitzt der in Berlin lebende Drummer-Komponist-Produzent Janek van Laak eine unbefangen leichte Weise, mit der er seine im Überfluss eingesetzten Elemente auflöst. Spätestens wenn er in "Daiamondo" begleitet von Gewittersounds in einem maschinenhaften Acht-Bit-Beat und einer hohlen Acid-Linie einen japanischen Kawai-Monolog (mit der Shamisen-Spielerin Shiomi Kawaguchi vom Trio Mitsune) in einem gregorianisch anmutenden Choral münden lässt, den er dann mit sägendem Synth in einer freien Improvisation in maurischer Harmonik verwirbelt, ist der auf dem Albumtitel beschworene Irrsinn da.
Das Seltsame: Alles hört sich an, als ob es genau so zusammenpasst. Irgendwie. Sein Album beschreibt Janek selbst als "Schnappschuss von etwas an einem bestimmten Punkt". Er will mit "Circle of Madness" den Hörer dazu ermutigen, neugierig zu bleiben und "eine ausgewogene und nicht-toxische Beziehung zum Perfektionismus aufrecht zu erhalten".
Janek van Laaks musikalische Einflüsse waren verwirrend vielfältig: Madonna und Eminem teilten sich aufgrund einer (unbeabsichtigten) religiösen Erziehung den Platz im Kopf mit orgelgeführter Kirchenmusik. Janeks Vater war Punkrock-Fan und Fotograf, seine Mutter verbrachte in ihren Zwanzigern die meiste Zeit damit, als Komikerin Sketche und Lieder für ihre Shows zu schreiben. Im Alter von acht Jahren nahm er Schlagzeugunterricht, wechselte zum Klavier, kehrte zum Schlagzeug zurück. Mit 15 gründete er seine erste Schulband und verdingte sich an Stilen von europäischem Pop bis zu deutschem Hip-Hop, Jazz, Country, Psychedelic und Rock. Dabei haben sich ungewöhnliche musikalische Helden für einen Twen hervorgebildet wie der anerikanische Jazz-Schlagzeuger Brian Blade, die britische Rockband Black Midi und die Fusionisten Harriet Tubman.
So vielfältig seine Einflüsse, so rastlos sein Tun: Janek produziert Musik unter eigenem Namen, ist Gründungsmitglied der Band Liquid Brain Orchestra und eine Hälfte des Duos Tutu Amuse, das beim Berliner Plattenlabel Sonar Kollektiv unter Vertrag ist – wie nun auch Janek solo. Das in neun von zehn Jazzkünstlerinfos zu findende Gewäsch, X oder Y "lotet ständig die musikalischen Grenzen neu aus" – hier stimmt es endlich wieder einmal. Nach 47 Minuten reibt man sich verwundert die Ohren, fragt sich noch im Rausch einer unerwarteten Beglückung, "Was war denn das?", und weiß längst eine Antwort: wahnsinnig gut.
"Circle of Madness" von Janek van Laak ist am 22. März 2024 auf Sonar Kollektiv erschienen.
Weitere Alben in der Sendung
- Charles Mingus: Incarnations (Candid)
- Alice Coltrane: The Carnegie Hall Concert (Impulse!)
- Nina Simone: Nina’s Back (Verve Re-Issue)
- Dee C Lee: Just Something (Acid Jazz)
- Irakere: Teatro Amadeo Roldan Recital (Mr Bongo Re-Issue)
- Kahil El'Zabar's Ethnic Heritage Ensemble: Open Me, A Higher Consciousness of Sound and Spirit (Spiritmuse)
Jazz live in der Region
- 23. März, Eupen, Jünglingshaus: Eliott Knuets 5tet – Info+Karten
- 23. März, Lüttich, L'An Vert: Toine Thys Orlando – Info+Karten
- 25. April, St. Vith, Café Trottinette: Wajdi Riahi Trio – Info+Karten
- 27. April, Eupen, Jünglingshaus: Wajdi Riahi Trio – Info+Karten
Above Your Head
(J.v.Laak)
Janek van Laak
Sonar Kollektiv
Sloppy Dreams
(J.v.Laak)
Janek van Laak
Sonar Kollektiv
All The Things You Are
(O.Hammerstein / J.Kern)
Charles Mingus
Candid
Journey in Satchidananda (Live at Carnegie Hall)
(A.Coltrane)
Alice Coltrane
Impulse!
Touching And Caring
(N.Simone / E.Singleton)
Nina Simone
Verve
Be There In The Morning
(R.Geyer / B.Sullivan / M.Logan)
Dee C Lee
Acid Jazz
Bacalao Con Pan
(R.Valdés)
Irakere
Mr Bongo
Taka Taka Ta
(R.Valdés)
Irakere
Mr Bongo
Great Black Music
(K.El’Zabar)
Kahil El’Zabar’s Ethnic Heritage Ensemble
Spiritmuse
Markus Will