Bewegung ist Leben, so sehen es Black Flower, die belgischen Jazz-Abenteurer, die drei Jahre nach "Magma" mit ihrem neuen Album "Kinetic" zurückkehren. Kinetik (griechisch kinesis‚ "Bewegung") beschreibt die Änderung der Bewegungsgrößen (Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung) unter Einwirkung von Kräften. Es geht also um die Veränderungskraft von Bewegung – physisch, im Falle von Black Flowers Musik aber auch metaphorisch. Die Musiker sind der Überzeugung, dass Bewegung ein Mittel zur Befreiung ist, und so lebt das Album vom Puls ständiger Veränderung. Wenn Gedanken stagnieren (Grübeln!), wenn Hindernisse sich auftürmen, erinnern uns die Grooves von Black Flower daran, dass der Rhythmus eine Kraft ist, die in der Lage ist, Begrenzungen zu durchbrechen.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat Black Flower eine einzigartige klangliche Identität geschmiedet, die Ethio-Jazz, Afrobeat, Dub und Psychedelia zu einem hypnotischen Gebräu verschmelzt. Die Band, bestehend aus dem Saxofonisten, Flötisten und Bandkopf Nathan Daems, Kornettist und Muschelspieler Jon Birdsong, Schlagzeuger Simon Segers, Bassist Filip Vandebril und Keyboarder Karel Cuelenaere, hat die Grenzen des Jazz immer neu gesetzt und erntete dafür international Lob und Anerkennung.
Immer in Bewegung, immer in Bewegung scheint das Leitprinzip von Black Flower zu sein, und "Kinetic" ist sein direktester Ausdruck. Das Album pulsiert mit einer fiebrigen Energie, die unnachgiebige Drums, tiefe Bässe und wirbelnde Melodien in eine Klanglandschaft kanalisiert, in der Jazz auf Tanz trifft. Der Track "Synesthetic" verschmelzt orientalische Perkussion mit afrikanischen Melodien zu einem ansteckenden Dub-Groove, während "Conundrums" mit der Intensität einer rituellen Trommelzeremonie vorwärts stapft. An anderer Stelle steigert sich "Particles" in eine unruhige, orgelgetriebene Raserei, die den Geist des Free Jazz anklingen lässt, während sie fest mit ihrem treibenden Beat verbunden bleibt. Und Gastsängerin Meskerem Mees macht "Monkey System" zu einem Höhepunkt der Bewusstseinsbildung und einem Statement von unwiderstehlicher Kraft.
Während frühere Black-Flower-Platten eher ins Ätherische tendierten, ist "Kinetic" ein viszerales, unmittelbares Album, das sowohl mit dem Körper als auch mit dem Geist gefühlt werden soll. Sein Aufruf zur Bewegung ist nicht nur musikalisch, sondern auch philosophisch: sich zu bewegen bedeutet, sich anzupassen, zu überleben, sich zu entwickeln. In einer Welt, die sich oft starr und lähmend anfühlt, ist "Kinetic" ein Manifest für Fluidität, eine Einladung, durch die Turbulenzen des Lebens zu tanzen. Es markiert nicht nur ein neues Kapitel für Black Flower, sondern auch ein Bekenntnis zur ursprünglichen, kinetischen Kraft der Musik.
"Kinetic" von Black Flower ist am 31. Januar 2025 auf Sdban Ultra erschienen.
Außerdem in dieser Sendung:
- Das Trio Charneux Leleux Puma bewegt sich zusammen mit dem Quatuor Prisma in einer warmen, weichen und farbvollen Rhythmik in eine Zeit außerhalb der Zeit. ("Cinquième saison", Homerecords.be)
- Der englische Pianist Elliot Galvin geht zurück in seine Kindheit und erkennt Zerfall und Zerstörung als Nullpunkte für positive Veränderung. ("The Ruin", Gearbox Records)
- Der Lütticher Gitarrist Guillaume Vierset setzt mit seiner Band Edges seine Reise zwischen Wut, Selbstbehauptung und dem eigenen Frieden fort. ("Mr. Protocol", Igloo Records)
- Zum Tod des Soft-Machine-Mitgründers und Keyboarders Mike Ratledge († 5. Februar 2025)
Markus Will