Ozaín ist eine spirituelle Quelle der afrokaribischen Yoruba-Kultur. Ein Handbuch schreibt "Ozaín ist die Natur selbst und ihr Besitzer. Ozaín ist der Besitzer aller Kräuter und Stöcke des Waldes. Er ist ein Jäger und lebt im Zölibat. Er hat nur eine Hand, ein Bein, ein Auge, ein großes Ohr und ein kleines Ohr." Kurz gesagt: Ozaín ist ein mystischer Schamane oder eine Naturreligion. Die Magie des Jazz hat damit Manches gemein, vor allem, dass sie sich irdischer Erklärungen entzieht und keiner Logik folgt.
Das 2017 von Kontrabassist Casteels gegründete Ozaín zeichnet sich durch seine nichtharmonische Instrumentierung aus: Wir hören keine Instrumente, die zwei oder mehr Töne gleichzeitig spielen können - kein Klavier, keine Orgel, keine Gitarre. Mit dem Einstieg von Trompeter Laurent Blondiau im Jahr 2024 hat sich die Klangweite der Band dennoch - oder gerade deshalb - dramatisch erweitert.
"Playground" baut auf ihrem Debütalbum "The Missing One(s)" von 2021 auf. Diesmal tendiert das Repertoire mehr in Richtung Swing, gleichzeitig kommen experimentelle Strukturen, freie Improvisationen und dynamische, offene Abschnitte zum Tragen. "Ich spiele gerne mit der Form - mit verschiedenen Solo-Rastern im selben Stück, mit wechselnden Tempi oder mit dem Thema nach den Soli. Das hält die Dinge frisch", erklärt Casteels.
Der kreative Prozess entwickelte sich organisch im Laufe der Konzerte und Proben, wobei die Kompositionen nach und nach die älteren Stücke ersetzten. "Nach unserer letzten Tournee hatte ich bereits einige neue Songs, und als wir die Jazztour der Lundis d’Hortense bekamen, wusste ich, dass es der perfekte Zeitpunkt für eine neue Platte war", erinnert sich Casteels. Die Einführung eines dritten Blasinstruments brachte neue kompositorische Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich. "Mit drei Stimmen kann ich reichhaltigere Harmonien und kompliziertere Hintergründe für die Solisten schaffen. Laurents Erfahrung war ebenfalls ein wertvoller Beitrag, vor allem für die Begleitungen. Wir haben nur eine Show zusammen gespielt, bevor wir ins Studio gingen, aber Laurent hat sich sofort eingefügt." Einige Arrangements entwickelten sich erst in der Nachbearbeitung. "Wir haben ein wenig "geschummelt", indem wir mehr Stimmen übereinander gelegt haben, als wir Musiker hatten."
Beeinflusst von Jazzgrößen wie Dave Douglas und Dave Holland vollzieht "Playground" eine Balance zwischen kompositorischer Präzision und dem Forschergeist, der Ozaín auszeichnet. Mit diesem Album vertieft die Band nicht nur ihre Identität, sondern wendet sich auch einem dynamischeren und offeneren Ansatz des modernen Jazz zu.
"Playground" von Gaëtan Casteels Ozaín 5tet ist am 21. Februar auf Mognomusic erschienen.
Das Quintett spielt am 8. März in Lüttich und am 9. März in Eupen.
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Vorschau: Der Raerener Drummer Olivier Chavet rollt sein zweites Album aus - Release-Konzert am 22. März in den Daft Studios Malmedy