Seit dem Sci-Fi-Horror "Die Fliege" (1986) ist Jeff Goldblum ein Schauspielstar, seit "Jurassic Park" (1993) ein Hollywoodliebling. Zudem ist er eine Stil-Ikone – und Jazzpianist aus Leidenschaft. Seine Musikkarriere war nie geplant, sie hat sich angeschlichen: ein spontaner Talkshow-Auftritt mit Gregory Porter, ein bisschen Herumprobieren im Studio, das erste Album 2018 – und jetzt liegt mit "Still Blooming" bereits sein viertes Album vor.
Goldblum spielt, wie er schauspielert: mit Schalk, Eleganz und blendendem Understatement. Sein Mildred Snitzer Orchestra, scherzhaft benannt nach einer sehr alten Freundin der Familie, begleitet ihn dabei seit den 90er-Jahren. Die Lockerheit der Musikerfreunde, Goldblums ständig spürbare Schelmenei und die vergnügte Leichtigkeit der Truppe täuscht darüber hinweg, dass hier kein Gimmick, keine Showtruppe am Werk ist, sondern ein hochkarätiges Jazz-Septett mit klassischem Line-up: Klavier, Bläser, Bass, Gitarre, Orgel, Schlagzeug. Neben Goldblum trumpfen Scott Gilman (Sax, Produktion), James King (Flöte, Sax), Joe Gabb (Orgel), John Gorie (Gitarre), Alex Frank (Bass) und Kenny Elliott (Drums) tight und lebendig auf. Das ist gewiss oldschool, aber nie angestaubt.
Auf "Still Blooming" mischt Goldblum Standards mit loungigen Instrumentals und prominenten Stimmen: Ariana Grande singt "I Don’t Know Why (I Just Do)", Scarlett Johansson verleiht "The Best Is Yet To Come" eine kecke Melancholie. Cynthia Erivo und Maiya Sykes steuern weitere Glanzlichter bei. Und am Ende hört man Goldblum selbst, wie er sich Cole Porters "Ev'ry Time We Say Goodbye" mit unschuldiger Hingabe zu eigen macht. Das Album klingt wie ein Nachmittag mit offenem Fenster und einem Negroni in der Hand. Swingend, lässig, nostalgisch. Die Orgel schmatzt, die Bläser flirten, jedes Solo hat Raum. "Still Blooming" ist kein Jazz-Statement, sondern ein Lebensgefühl. In voller Blüte.
"Still Blooming" von Jeff Goldblum & The Mildred Snitzer Orchestra ist erschienen am 25. April 2025 auf Decca Records.
Außerdem in dieser Sendung:
- Eat the Frog Kollektiv und Hayden Chisholm zerstäuben ein Manifest zum Ende der Zivilisation ("Uncivilisation. The Dark Mountain Manifesto", JazzHausMusik)
- Tossia Corman und die Stimme der klaren Struktur ("Here", PopSick Records)
- Esinam & Sibusile Xaba: Belgische Brücke zu ghanaisch-südafrikanischen Heilsmythen ("Healing Voices", W.E.R.F. Records)
- Kein leichter Job: Das ukrainische Quintett DZ’OB erinnert mit brodelnder Wucht an die Kinder des Krieges ("The Playground", Abyshomzk & Igor Shamych)
- Oliver Lutz im Phantasialand von Fusion, Funk und Impro-Fun ("Calamari Fantasy", Klaeng Records)
- Roberrto Cassani und Graeme Stephen: Spaghetti-Western im schottischen Pikten-Land ("Pictish Spaghetti", 577 Records)
- Natural Information Society und Bitchin Bajas gehen auf ihrer zweiten Zusammenarbeit in tiefe Meditation ("Totality", Drag City)
Markus Will