Man könnte meinen, diese Musik käme aus einer anderen Zeit. Oder aus vielen Zeiten zugleich. "Rays of Light", das neue Album des Berliner Trompeters Richard Koch, ist voll akustischer Wärme, folklorischer Farben und jazzmusikalischer Offenheit. Die Besetzung – Violine (Fabiana Striffler), Akkordeon (Valentin Butt), Kontrabass (Andreas Lang), Rahmentrommeln (Nora Thiele), Trompete – ließe sich auch in ein Kammerensemble des 19. Jahrhunderts denken. Was Koch und sein Quintett daraus machen, ist keine Stil-Collage, sondern ein ganz eigener Tonfall – nahbar, vielfältig, klug gebaut. Man könnte sagen: Diese Musik passt zur Welt, in der wir leben. Sie kennt Grenzen, aber sie durchschreitet sie.
Dabei verwebt "Rays of Light" Spuren aus Klezmer, Balkan, französischer Salonmusik und Swing mit improvisatorischem Mut und spielerischer Leichtigkeit. Die Grooves grooven, ohne sich aufzudrängen. Die Melodien tragen, ohne zu drücken. Die Musik bleibt klar und zugänglich, ohne je banal zu werden – vielleicht gerade, weil sie auf jedem ihrer Wege einladend bleibt. Ob in zartem Glanz („Big Blossom“), tänzerischer Melancholie oder hymnischer Aufhellung: Dieses Album will verstanden werden – nicht erklärt.
Richard Koch, bekannt durch seine Arbeit mit Peter Fox, Nils Frahm oder der Jazzrausch Bigband, spielt seine Trompete hier mit einer Lässigkeit, die sich nie anbiedert. Und mit einer Klarheit, die sich nie in Bedeutung auflöst. "Rays of Light" ist ein Plädoyer für einen Jazz, der die Welt nicht überfordert, sondern verbindet – zwischen Dörfern und Metropolen, zwischen alten Formen und neuen Energien. Ein Album, das ausstrahlt, was sein Titel verspricht.
"Rays of Light" von Richard Koch ist am 4. Juli 2025 erschienen auf Fun In The Church.
Außerdem in dieser Sendung
- Chris Potter live: der Weltklasse-Saxofonist mit der WDR Big Band am 6. Juli in Eupen – u. a. mit der Suite "Random Moves" von Mike Holober, ein Tag nach der Uraufführung in Köln. Infos beim Veranstalter
- Potsa Lotsa XL: Mikroskopischer Avantgarde-Jazz im Großformat ("Amoeba’s Dance", Trouble In The East Records)
- Fred Hersch Trio: Tief atmendes Meisterstück zwischen innerer Spannung und Durchhörbarkeit ("The Surrounding Green", ECM)
- GPS: Improvisierte Weitläufigkeit ("Directions + Destinations", 577 Records)
- Konstantin Kölmel Project: Frischer Kollektivgroove ("Confidence", Kölmel Recording)
- Abschied: Lalo Schifrin, König des Spy-Jazz, hat Hörgewohnheiten von Generationen geprägt
Maaru Will