Brandon Sanders war 25, als er zum ersten Mal einen Schlagstock in die Hand nahm. Seine frühe Club-Sozialisierung (die Nächte im Nachtclub seiner Großmutter in Kansas City), die DJ- und Basketballjahre in Compton und das Studium am Berklee College zuvor sind dabei keine Randnotizen im Lebenslauf, sie sind Material: in Bezug auf Timing, Raumgefühl und die Fähigkeit, Arrangements so zu führen, dass Solistisches immer in klarer Beziehung zum Bandkontext steht.
Für "Lasting Impression" hat Sanders ein hervorragend harmonierendes Ensemble versammelt: Warren Wolf bringt vibraphonistische Wärme und melodische Pointen, Pianist Eric Reed agiert als klanglicher Sparringspartner, Saxofonist Stacy Dillard übernimmt weite lyrische Bögen, Eric Wheeler liefert die unaufdringliche, federnde Basslinie - und Jazzmeia Horn erweitert die Palette mit zwei vokalen Höhenflügen. Produzent Willie Jones III hat die Sessions begleitet und die Aufnahmetribüne so eingerichtet, dass sich das Spiel organisch entfaltet: Bobby Hutchersons "8/4 Beat" eröffnet als Referenz auf ein vibraphonisches Erbe, Sanders’ Eigenkompositionen (darunter das eindringliche "Tales of Mississippi") setzen Erinnerungen in musik-dramatische Szenen - cineastisch im Satz, schlicht im Ausdruck.
Das Album sticht heraus, weil Sanders nicht mit Schlagzeug-Effekten protzt: Er ordnet und öffnet Räume. Neben vier Eigenkompositionen von ihm und Eric Reed, die eigene Erzählungen liefern, hat er Stücke gewählt, die zeitlose Geschichten forttragen (Gershwins filigranes "Our Love is Here To Stay" und Mal Waldrons "Soul Eyes"). Die Stimme von Jazzmeia Horn verändert das Register: Wo Instrumente sprechen, tritt Gesang als Kommentar und Figur hinzu - mal als intimes Duett, mal als gestische Staffelübergabe. "Lasting Impression" ist keine Versuchsanordnung, sondern ein Praxisfeld: Disziplin, Empathie und Ensemblekultur sind hörbar eingeübt. Das Ergebnis ist kein nostalgischer Rückblick, sondern ein lebendiges Statement. Sanders spielt nicht, um aufzutrumpfen, sondern um Verbindungen zu schaffen - zwischen den Zeiten, den Menschen und ihren Rhythmen.
"Lasting Impression"von Brandon Sanders ist erschienen am 7. November auf Savant Records.
Außerdem in dieser Sendung
- Cécile McLorin Salvant: Vokale Jazz-Kosmos-Erweiterung zwischen Tradition und Experimentierfreude - auch im DIY-Modus ("Oh Snap", Nonesuch)
- Boz Scaggs: Reifes Standards-Album mit rauer Stimme und warmer Intimität ("Detour", Concord)
- Aaron Parks: Klar gezeichnete Melodien mit einem Rhythmusteam, das jede Phrase zur Bühne macht ("By All Means!!", Blue Note)
- Werkha: Elektronische Breakbeats und jazzige Harmonik als Analogie zur eigenen Zerbrechlichkeit ("Unsung Irregular", First Word)
- Moriah Plaza: Globale Band mit brasilianischem Puls zwischen Bossa, Soul und Psych ("Própolis", Batov)
- Diederik Wissels, Ana Rocha, Nicolas Kummert: Die magische Jazz-Poesie ihres neuen Albums "Come What May" - live am 8. November in Eupen. Infos beim Veranstalter
Maaru Will