Der Preis - kein Kriterium für faire Ware
Egal, ob eine Jeans 10 Euro oder 150 Euro kostet: derjenige, der die Jeans zusammengenäht hat, dürfte nur einen Hungerlohn erhalten haben. Denn nicht nur die Textil-Discounter lassen in Fabriken in Bangladesch, Indien, China oder El Salvador produzieren, in denen Menschen unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten müssen. Auch viele der großen Marken beziehen ihre Kleidungsstücke häufig aus diesen Fabriken. Sie betreiben somit nicht selten Greenwashing, indem sie auf der einen Seite Geld für Entwicklungsprojekte spenden, auf der anderen Seite aber die katastrophalen Zustände in den Fabriken in Kauf nehmen.
Ein undurchsichtiges Geschäft
Die Textilbranche ist äußerst komplex, wenig transparent und auch brutal. Viele Jeans-Anbieter wollen überhaupt nicht verraten, unter welchen Bedingungen produziert wird. Dies wird am Beispiel China deutlich, dem mit jährlich 600 Millionen hergestellten Jeans weltweit größten Jeansproduzenten. Die meisten Handelsgeschäfte werden hier über Agenten abgewickelt und der Preisdruck auf die Produzenten ist enorm. Da kann es durchaus sein, dass Fabrikbesitzer für nur drei Euro eine Jeans herstellen müssen. Von diesem Betrag müssen dann noch die Garne, die Wäscherei und die Arbeiterin bezahlt werden. Diese Rechnung kann nicht aufgehen.
Mensch und Umwelt zahlen einen hohen Preis
Jeanshosen bestehen zu mehr als 90 Prozent aus Baumwolle. Der industrielle Anbau von Baumwolle in großem Stil ist problematisch. Bei der Baumwollfaser handelt es sich um eine sehr empfindliche Pflanze, die enorm viel Wasser verschlingt: Zur Herstellung eines Kilogramms Baumwollfaser werden im Schnitt 25.000 Liter Wasser benötigt. Das bedeutet, dass die ohnehin schon trockenen Böden in den Anbaugebieten wie in China, Indien, den USA und Usbekistan versalzen und der Grundwasserspiegel sinkt.
Ein weiteres Problem ist der hohe Pestizideinsatz. Jahr für Jahr werden Pestizide in einem Wert von knapp zwei Milliarden Euro verwendet. Die Folgen sind drastisch und dramatisch: Alleine im Baumwollanbau sterben jedes Jahr nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 28.000 Menschen durch den massiven Einsatz an Pestiziden. Aber nicht nur für uns Menschen sind diese Pestizide schädlich, sie bedrohen vor allem auch die Wildbienen. Und kurz ausgedrückt: keine Bienen, kein Obst und Gemüse. Also steht dadurch auch unser Leben auf dem Spiel.
Wie schädlich ist das Bleichen von Jeans?
Der „Used-Look“ ist ein großes Problem, da bei diesem Verfahren jede Menge Chemie zum Einsatz kommt und auch vom Sandstrahlen eine Belastung für Mensch und Umwelt ausgeht. Die Menschen vor Ort, die oftmals in einer so genannten Wäscherei arbeiten, tragen selten Schutzmasken und die Abwässer gelangen unkontrolliert in die Umwelt. So eine Jeans wird bis zu 20 Mal geschleudert, geschrubbt, gebleicht und nachgefärbt. Das meist Gift bleibt dann vor Ort. Glücklicherweise gibt es mittlerweile auch ökologische Verfahren, um den „Used-Look“ zu erreichen.
Gibt es faire Alternativen?
Im Gegensatz zu den Lebensmitteln ist es bei Textilien für den Verbraucher nicht so einfach, fair gehandelte beziehungsweise fair produzierte Ware zu erwerben. Mehr als 80 Prozent der Baumwollernte stammt heute von genveränderten Pflanzen. Zudem kommt der Bio-Baumwollmarkt nicht so richtig in die Gänge. Manche Weltläden führen ein kleines Sortiment an fair gehandelten Textilien. Doch sind es vor allem Versandhäuser, die Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau verkaufen. Was aber immer mehr Zukunft hat, sind fair gehandelte Textilwaren aus dem Internet, wie zum Beispiel Hess-Natur oder die grüne Internetseite für Textilien wie getchanged. Auch Secondhandläden oder Textilbörsen sind eine sehr gute Alternative.
Gibt es weitere Möglichkeiten, das Thema Jeans nachhaltiger zu gestalten?
Die einfachste Antwort ist: weniger verschiedene Jeanshosen kaufen und diese dann auch länger tragen. Auch sollte auf ein zu häufiges Waschen verzichtet und auf die Verwendung umweltfreundlicher Waschmittel geachtet werden.
Weitere Infos sind unter www.vsz.be abrufbar.
Infos: Bernd Lorch, VSZ Ostbelgien