Ein Massenauftreten von Insekten ist immer das Ergebnis mehrerer Einflüsse. Vor allem spielen klimatische Einflüsse wie Temperatur, Feuchtigkeit und Wind eine große Rolle. Der vorausgegangene milde und schneearme Winter begünstigte das Überleben der überwinternden Raupen. Auch das zurückliegende sonnenreiche und relativ regenarme Frühjahr ermöglichte eine Massenvermehrung der gefräßigen Schädlinge.
Auch wenn in Mitteleuropa nur eine Generation der meisten Gespinstmotten sich entwickelt, so treten regelrechte Massenvermehrungen auf, die in der Natur durch den Kahlfraß verschiedener Laubbäume sehr auffällig sind.
Verbreitung und Vorkommen
Gespinstmottenarten treten in vielen Regionen Mitteleuropas auf. Ob im Flachland oder im Mittelgebirge, die gefräßigen Raupen sind bis auf 1.400 Meter an den entsprechenden Wirtspflanzen anzutreffen.
Vorzugsweise an Autobahnen und Straßen, aber auch gelegentlich in Hausgärten, Parkanlagen oder Waldrändern tauchen die nicht zu übersehenden Fraßschäden und Gespinstbildungen an speziellen Strauch- und Baumarten auf. So ist es vor allen Dingen die Traubenkirsche (Prunus padus), die von der Traubenkirschen-Gespinstmotte (Yponomeuta evonymellus) befallen wird.
Gespinstmotten sind regelrechte Nahrungsspezialisten, die in unserer Region in fünf verschiedenen Arten schädigen. Neben der Traubenkirsche werden auch das Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), Pflaumenbäume, Apfelbäume und Schlehen (Prunus spinosa) von der speziellen Gespinstmotte attackiert.
Betrachtet man die eingesponnenen Äste und Stämme etwas genauer, entdeckt man die graugelben und bis zu zwei Zentimeter großen, mit dunklen, reihenförmigen Punkten ausgestatteten Raupen, die unter dem Schutz des dichten Gespinstes die Bäume und Sträucher völlig kahl gefressen haben. Ein Teil der Tiere versucht über Abseilen oder abwärts Kriechen an den Hauptstämmen neue Futterpflanzen zu finden, was aber in der Regel nicht möglich ist und ein Teil der Raupenkolonie verhungert.
Dichte Gespinste schützen vor Feinden
Die Gespinste geben den Raupen Schutz gegen Wind und Wetter. Auch bieten sie Schutz vor den natürlich vorkommenden Fressfeinden wie z.B. Vögel oder gar Ameisen, die den Puppen nachstellen und sie dezimieren. Außerdem gibt es verschiedene parasitierende Feinde, zu denen die Schlupfwespen, Erzwespen oder Raubfliegen gezählt werden können.
Nach dem Kahlfraß erfolgt mit Hilfe der Gespinste die Verpuppung auf dem Baum, die zu dichten Gespinstballen gebildet werden. Im Monat Juli/August schlüpfen die kleinen weißen Falter mit schwarzen Punkten, die eine Größe von zwei Zentimetern Flügelspannweite erreichen. Das Leben der Schmetterlinge ist mit wenigen Tagen im Juli/August recht kurz und endet mit der Eiablage, für die Entwicklung der nächsten Generation im folgenden Jahr.
Mögliche wirtschaftliche Schäden oder Gefahren
Auch wenn die gespenstische Attacke dramatisch aussieht, so bedeutet das für die betroffenen Bäume aber nicht das Aus. Nach kurzer Zeit erfolgt ein Neuaustrieb, der dann auch nicht mehr befallen wird.
Beim Erkennen der ersten Gespinste von Apfel- oder auch Pflaumengespinstmotten sollte der Hobbygärtner frühzeitig eingreifen, sonst könnten Einbußen der Ernte möglich sein. Die einfachste Art, die lästigen Raupen loszuwerden, ist ein frühzeitiges Herausschneiden der Gespinstnester oder der anfänglich befallenen Zweige. Für den Menschen besteht bei der manuellen Beseitigung keine Gefahr, wie etwa bei den Raupen des Eichenprozessionsspinners, denn die Raupen der Gespinstmotten haben keine gefährlichen Nesselhaare.
Bei einem stärkeren Befall ist es möglich, natürliche Präparate mit dem Wirkstoff des Neembaumes oder ein biologisches Präparat mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis, einzusetzen. Jedoch ist es bei größeren Bäumen schwierig, eine Benetzung der Blätter, die zur Wirksamkeit erforderlich ist, zu erreichen.
Text und Bilder: Franz Beckers