Im Allgemeinen herrscht große Unsicherheit, selbst bei alten Hasen der Obstgärtner durch eine Flut von Informationen, Anleitungen, neue Schnittmethoden oder durch Schnittkurse, die regelmäßig angeboten werden.
Doch keine Angst mit dem Schneiden, denn wenn einige Grundregeln beachtet werden, wird auch der Freizeitgärtner erfolgreich sein. Der Obstbaumschnitt sollte im Hobbybereich auf das Allernötigste beschränkt werden. Darunter versteht man das Ausschneiden abgestorbener Äste oder das Auslichten von zu dichten Kronen. Leider ist es weit verbreitet, dem Baum oder Strauch zu radikal mit Schere und Säge zu Leibe zu rücken. Wenn einige Regeln keine Beachtung finden, bleibt der Erfolg aus.
Der richtige Zeitpunkt
Das Schneiden der Obstbäume im Winter hat wohl eher eine lange Tradition als sachliche Argumente. Zum Sommerschnitt ist in vielen Fällen eher zu raten, da die Schnittwunden in der Wachstumsphase des Baumes schneller verheilen und die Infektionsgefahr durch Schnittstellen sowie die Möglichkeit, dass Holzpilze in den Baum gelangen, wesentlich geringer sind.
Sowohl der Sommer- als auch der Winterschnitt haben direkte Auswirkungen auf das Baumwachstum. Der Schnitt im Sommer bremst grundsätzlich das Baumwachstum, was in vielen Fällen auch erwünscht ist und der allgemein im Winter durchgeführte Schnitt regt das Baumwachstum an, was zu unerwünschten Wasserschossen, die senkrecht auf den größeren Ästen stehen, führen kann.
Das Fazit der Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen wäre also: Ältere Obstbäume sollte man eher im Winter schneiden. Bei jungen Exemplaren, die noch nicht im Ertrag sind, wäre ein Schnitt im Sommer sinnvoller.
Einer alten Regel zu Folge sollten Schnittarbeiten im Winter bei Temperaturen im Bereich von Minus 5° C und darunter, unterbleiben, da das Holz der Bäume durch die Frosteinwirkung spröde und rissgefährdet ist.
Wie wird geschnitten?
Neben dem Entfernen abgestorbener Äste oder dem Wegschneiden der nach innen gerichteten Äste und Zweige müssen bei allen Bäumen vor allen Dingen die Wasserschosse entfernt werden, die oft in großer Zahl auftreten und keine Früchte tragen. Es kommt besonders darauf an, zwischen Fruchtholz und Wachstumsholz zu unterscheiden. Fruchtholz ist in der Regel eher kurz und waagerecht gewachsen, wobei das Wachstumsholz meist senkrecht nach oben strebt.
Auch das Auslichten dicht stehender Zweige ist besonders wichtig, um genügend Licht und Luftbewegung im Inneren der Baumkrone zu bewirken. Das Laub trocknet schneller ab und Pilzerkrankungen, vor allen Dingen Fruchtfäulen oder die gefürchtete Schorfkrankheit werden mit diesen Maßnahmen verhindert.
Die Schnitttechnik sollte so geführt werden, dass sie auf „Astring“ geschnitten werden, das heißt es sollte nicht zu flach am Stamm abgeschnitten werden, aber es sollte auch vermieden werden, dass sogenannte Kleiderhaken stehen bleiben, die einen Wundverschluss der Schnittfläche nicht ermöglichen. Es ist ratsam, größere Schnittflächen von circa fünf Zentimetern Durchmesser mit einem Wundverschlussmittel im Kambiumbereich zu verschließen, um das Eindringen von sekundären Holzpilzen zu verhindern. Als Kambiumbereich bezeichnet der Fachmann den Teil des Holzes, der unmittelbar unter der Rinde liegt.
Grundsätzlich sollten immer scharfe Schnittwerkzeuge verwendet werden, um eine glatte Schnittfläche zu erreichen.
Besondere Schnitttermine
Jede Regel hat ihre Ausnahmen. So ist es auch beim Schneiden bestimmter Obstgehölze. Einer der wichtigsten Ausnahmen stellt der Walnussbaum dar, denn der Saftdruck des Baumes baut sich sehr früh, bereits im Januar/Februar auf und es besteht die Gefahr des starken Blutens der Schnittwunde.
Deshalb wäre beim Walnussbaum der richtige Zeitpunkt für den Schnitt Oktober bis Dezember. Auch Weinreben müssen regelmäßig beschnitten werden, um eine übermäßige Trieb- und Blattbildung zu verhindern und überhaupt eine Fruchtbildung zu erreichen. Auch hier wäre das zeitige Frühjahr, im März/April, der richtige Zeitpunkt.
Ebenso eine Ausnahme bilden Kirschen und vor allen Dingen Süßkirschen. Hier sollte der Schnitt während oder kurz nach der Ernte erfolgen, um eine starke Bildung von Harzfluss zu vermeiden. Bei Pfirsichen und Aprikosen ist es ratsam, im farbezeigenden Knospenstadium oder während der Blüte den Schnitt vorzunehmen, denn der Unterschied zwischen Fruchtknospen und Blattknospen lässt sich zu diesem Zeitpunkt am besten unterscheiden.
Der besondere Tipp
Zur Vermeidung von sogenannten Wasserschossen, die nach jeder Schnittmaßnahme durch Pflanzenhormone ausgelöst werden, kann die etwas in Vergessenheit geratene Methode des „Reißens“ angewandt werden. Es ist recht einfach und praktikabel: Die sich neu bildenden Wasserschosse werden im Juni/Juli bei einer Länge von 5 -10 cm vom Hauptstamm abgerissen. Somit wird die hormonelle Stimulation des Baumes zur Bildung von Wasserschossen vermieden.
Text und Bilder: Gartenbauexperte Franz Beckers