Mit ihren falschen Werbeaussagen verunsichert die Lebensmittelindustrie Eltern und Kinder und leistet falschen Ernährungsgewohnheiten Vorschub. Das tut sie vor allem, wenn es um so genannte Kinderlebensmittel geht.
Die Palette der Lebensmittel mit Spaßfaktor wird immer bunter. Bärchenwurst, Knusperflocken und Joghurt mit Perlen sollen vor allem die jüngsten zum Konsum animieren. Mit Comics, Stickern, Sammelfiguren und auffälliger Verpackung werden die Kinder in die Konsumfalle gelockt.
Die am meisten beworbenen Kinderlebensmittel sind Süßigkeiten wie Vitaminbonbons, Milchschnitten und Schokoriegel. An zweiter Stelle rangieren Milchprodukte und Frühstückssnacks wie Knusperflocken der verschiedensten Art.
Hoher Zuckeranteil
Laut der von Stiftung Warentest untersuchten Lebensmittel kann eine Tagesration Cornflakes, Smacks oder Pops bis zu 40 Prozent Zucker enthalten oder 300 Kalorien mehr als ein selbst zubereiteter Speiseplan. Und das ist eine ganze Menge.
Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren brauchen am Tag nur 1500 Kalorien und Schulkinder sollten nicht mehr als 50 bis 60 Gramm Zucker pro Tag verzehren. Diese Dosis steckt beispielsweise schon in zwei Portionen Kinderjoghurt, zwei Gläsern Limonade oder zwei Schokoriegeln.
Besondere Werbelügen
Die Verbraucherorganisation "Food Watch" hat 2011 den Goldenen Windbeutel an die Milchschnitte von Ferrero für die dreisteste Werbelüge verliehen. Die Milchschnitte verkauft sich als "leichte Zwischenmahlzeit" mit einer "Extraportion Calcium". Laut einem Gesundheitsratgeber müsste ein neunjähriges Kind 17 Milchschnitten essen, um seinen Tagesbedarf an Calcium zu decken. Gleichzeitig hätte es dann aber auch 40 Stück Würfelzucker und ein halbes Paket Butter konsumiert. In Wahrheit besteht die Milchschnitte von Ferrero beinahe zu 60 Prozent aus Fett und Zucker und ist damit "schwerer" als eine Schoko-Sahne-Torte.
Es geht um: Viel Geld
Mit Kinderlebensmitteln lässt sich sehr viel Geld verdienen. Alleine in Deutschland werden jährlich über drei Milliarden Euro in Lebensmittelwerbung investiert und jeder fünfte Euro fließt in die Werbung für Süßigkeiten.
Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun?
Das Problem ist, dass laut einer vom Bundesverband der Verbraucherzentrale in Auftrag gegebenen Umfrage 40 Prozent der Verbraucher irrtümlich davon ausgehen, dass Kinderprodukte im Zucker-, Fett- und Salzgehalt an die Bedürfnisse von Kindern angepasst sind.
Eine Nährwertampel hätte auf einen Blick alle Zweifel bereinigt. Da die Politik jedoch auf Druck der Industrie auf deren Einführung verzichtet hat, müssen die Verbraucher sich mit den vorhandenen Angaben behelfen. Wer genau hinschaut bemerkt: Bei der üblichen GDA-Kennzeichnung wird auch bei Kinderlebensmitteln der tägliche Kalorienbedarf einer erwachsenen Frau zugrunde gelegt und nicht der eines siebenjährigen Kindes.
Die Verbraucherschutzzentrale rät Eltern, Großeltern und allen Verbrauchern mit ihren Kindern auch und gerade über Werbung zu sprechen. Damit sie wissen, dass nicht alles so gesund und gut für sie ist, wie es scheint.
Bernd Lorch, VSZ Ostbelgien - Bild: istockphoto