Im Buchtipp geht es diese Woche auch um wahre Geschichten! Die hat der niederländische Autor Leon de Winter gekonnt in einem Roman an der Grenze zwischen Realität und Fiktion verknüpft.
Die Hauptpersonen: Theo van Gogh, "Enfant terrible" der Niederlande, und Schriftsteller Leon de Winter selbst, Sprössling einer jüdischen Familie, dem der Regisseur van Gogh unter anderem die "Vermarktung des Judentums" vorwarf.
In seinem Buch "Ein gutes Herz" lässt de Winter den Provokateur van Gogh an seiner eigenen Ermordung teilhaben. Erinnern Sie sich? Vor neun Jahren, am 2. November 2004, fuhr Theo van Gogh mit dem Fahrrad zum Studio, um seinen Film über Pim Fortuyn fertigzustellen. Autor Leon de Winter lässt van Gogh in einer Zwischenwelt stranden, sozusagen auf Bewährung im Himmel.
Unten auf der Erde tut sich einiges: Ein dubioser jüdischer Geschäftsmann und Drogendealer und ein schwarzer Franziskanerpriester, der ihm sein Herz vermacht hat. Ein Schriftsteller namens Leon de Winter, der von seiner Frau Jessica Durlacher verlassen wurde und sich mit einem Romanprojekt über seinen Lieblingsfeind van Gogh darüber hinwegtrösten will. Wie auch mit der attraktiven Sonja Verstraete, die allerdings den Mann liebt, vor dem sie seit Jahren auf der Flucht ist.
Und eine Gruppe junger radikalisierter Muslime, die eine Serie von Gewalttaten inszenieren und Amsterdam in den Ausnahmezustand versetzen. Und der ermordete Filmemacher Theo van Gogh bekommt postum den Auftrag, die Welt zu retten, da die Politik versagt. Da ist Einfallsreichtum gefragt, es braucht kriminelle oder metaphysische Synergien, um wieder Herr der Lage zu werden. Oder beides.
Autor
Leon de Winter, geboren 1954 in 's-Hertogenbosch als Sohn niederländischer Juden, begann als Teenager nach dem Tod seines Vaters zu schreiben. Er arbeitet seit 1976 als freier Schriftsteller und Filmemacher in Holland und den USA. Seine Romane erzielen nicht nur in den Niederlanden überwältigende Erfolge. Einige wurden für Kino und Fernsehen verfilmt, so "Der Himmel von Hollywood" unter der Regie von Sönke Wortmann.
2002 erhielt de Winter den Welt-Literaturpreis für sein Gesamtwerk, und 2006 wurde er mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Mit dem ermordeten Regisseur Theo van Gogh verband ihn eine Art Hassliebe. Er warf dem Schriftsteller die Vermarktung des Judentums vor und attackierte ihn seit 1984 heftig mit teilweise als antisemitisch empfundenen Äußerungen. De Winter äußerte sich in einem Zeitungsinterview, er habe sich einmal vorgenommen, "ein gutes Glas Wein auf die Nachricht vom Tode Theo van Goghs zu trinken".
Theo van Gogh wurde 1957 in Den Haag geboren, brach sein Jurastudium ab, um Regisseur zu werden. Für Funk und Fernsehen verfasste er provokante und zynische Texte. Wegen geschmackloser Witze wurde er wegen Antisemitismus angeklagt, aber freigesprochen. Sein Film "Submission" (Unterwerfung) erzählt die Missbrauchserfahrungen vier islamischer Frauen und führte zu heftigen Reaktionen unter Muslimen. Die Islam-Kritikerin Ayaan Hirsi Ali, die am Film mitgewirkt hatte, erhielt Morddrohungen und wurde unter Polizeischutz gestellt. Nicht aber van Gogh. Am 2.11.2004 wurde er von dem islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri auf offener Straße in Amsterdam ermordet.
Gewinnspiel
BRF.be verlost ein Exemplar des Buches!
Frage: Wem erklärte van Goghs Attentäter in seinem Brief den Krieg?
Lösung: den Niederlanden
Gewinnerin: Marie-Pierre Schommer aus Nidrum
Buchdetails
Leon de Winter: Ein gutes Herz
512 Seiten, 22,90 Euro
neu erschienen im Diogenes-Verlag
ISBN 978-3-257-06877-1
Alle Bücher unseres BRF1-Buchtipps sind bei Logos und Thiemann erhältlich.
Buchtipp-Redakteurin: Biggi Müller
Cover: Diogenes, Autorenfoto: Marco Okhuizen/laif