William Boyd, in Ghana geborener Schriftsteller, gehört zu den überragenden europäischen Autoren. Bei ihm ist man vor Überraschungen nicht sicher, wahrscheinlich noch nicht mal er selbst. Sein neuester Roman "Die Fotografin" ist die gelungene Biografie einer Künstlerpersönlichkeit. Hat Amory Clay tatsächlich in London und Berlin gelebt und gearbeitet? Nein! Denn der Schein trügt: William Boyd, der Autor von "Solo" und "Ruhelos", hat nur ein Foto aus einem Stapel alter Aufnahmen gefischt, die er auf Flohmärkten und im Internet gekauft hat. Die darauf abgebildete junge Frau der 1930er Jahre machte er zu Amory Clay, der Protagonistin seines Romans.
Ein Klick, die Blende schließt – der Startschuss zu einem neuen Leben. Mit sieben hält Amory Clay ihre erste Kamera in Händen, eine Kodak Brownie Nummer 2, und mit ihr sind alle Weichen gestellt: Amory Clay wird ein Leben als Fotografin, Reisende und Kriegsberichterstatterin führen. Statt als Gesellschaftsfotografin in London zu reüssieren, beschließt sie als junge, selbstbewusste Frau alles Vertraute hinter sich zu lassen und beginnt 1931 ein Leben voller Unwägbarkeiten in Berlin. Ein Berlin der Nachtclubs, des Jazz, der Extravaganz und Freizügigkeit— und am Vorabend des 2. Weltkrieges der ersten Anzeichen von Bedrohung und Willkür. Anstelle von Ruhm bescheren ihr die Berliner Fotos zunächst nur einen handfesten Skandal, der sie fast die Existenz kostet. Erst ein Jobangebot in New York bei dem renommierten Magazin Global Photo‐Watch verhilft ihr zum geplanten Durchbruch als Fotografin. Hier in New York trifft sie in Gestalt von Cleveland Finzi auch auf die vermeintlich große Liebe. Doch Amory Clay ist viel zu lebenshungrig, als dass sie zur Ruhe kommen würde. Die Aufträge führen sie fortan von einem gefährlichen Einsatz zum nächsten. In London gerät sie bei einer Straßenschlacht in einen faschistischen Hinterhalt, den sie nur knapp überlebt. Es folgen Stationen im Paris der Nachkriegszeit, Jahre spä‐ ter geht sie nach Vietnam. Die Liebe ihres Lebens führt sie schließlich nach Schottland, doch auch die glückliche Zeit an der Seite ihres Angetrauten Lord Sholto Farr ist nur von kurzer Dauer.
Amory Clay führt kein einfaches Leben. Im Gegenteil—Sie ist der Inbegriff einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist, die unerschrocken ihren Weg geht, ihre Lieben lebt und ihre Geschicke selbst in die Hand nimmt.
Tief fühlt sich William Boyd in sie ein und versteht es glänzend, mittels seines eigenhändig gesammelten Fotomaterials Fiktion und Geschichte miteinander zu verschränken. Nach "Ruhelos" hat Boyd erneut eine unvergessliche Heldin geschaffen, eine verwegene, verblüffend moderne Frau, einen Künstlerroman, der das Porträt einer ganzen Epoche zeichnet.
"Die Fotografin" ist eins von den Büchern, von denen man wünscht, dass sie nie zu Ende sein sollten. Elegant geschrieben, raffiniert, klug und obendrein mit tiefer Warmherzigkeit erzählt. Amory wächst einem ans Herz wie eine echte Freundin, die man nicht mehr missen möchte." ARD/Titel, Thesen, Temperamente
"Ein literarisches Kunstwerk, zugleich in höchstem Maße unterhaltsam und sucht seinesgleichen in diesem Frühjahr." Andreas Wallentin/WDR 5
Autor
William Boyd , 1952, als Sohn schottischer Eltern in Ghana geboren, ist einer der überragenden europäischen Erzähler unserer Zeit. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten und Drehbücher und wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem britischen Verdienstorden. William Boyd lebt mit seiner Frau in London und Südfrankreich, wo er auch Wein anbaut.
Gewinnspiel
BRF1.be verlost ein Exemplar online.
Frage: In welchem Jahr kam Amorys Vater aus dem Krieg zurück?
Antwort: 1918
Gewinnerin ist Brigitte Bonni aus Kelmis
Buchdetails
William Boyd: Die Fotografin
Originaltitel: Sweet Caress
aus dem Englischen von Patricia Klobusiczky und Ulrike Thiesmeyer
560 Seiten - 24,00 Euro
ISBN 978-3-8270-1287-6
erschienen im Berlin Verlag
Alle Bücher unseres BRF1-Buchtipps sind bei Logos und Thiemann erhältlich.
Buchtipp-Redakteurin: Biggi Müller
Biggi Müller - Buchcover: Berlin Verlag - Autorenbild: Trevor Leighton